Von Markus Weins
Antwort auf die Frage: „Zugang zum Recht durch Legal Tech?“
Dr. Martin Fries und Nico Kuhlmann führten am 01.09. kompetent, aber auch charmant und unterhaltsam durch eine rundum gelungene Legal Tech-Tagung der Uni Mannheim. Acht Fachleute referierten in den drei Themenblöcken „Durchsetzung geringwertiger Ansprüche in der Rechtspraxis“, „Zusammenspiel von Legal Tech und anderen Konfliktlösungsverfahren“ und „Smart Contracts – Rechtsdurchsetzung ohne Rechtsdienstleister?“. Fries und Kuhlmann kommen dabei ohne Partner und Stände, ohne Marketing und Catering und ohne Eintrittspreise aus. Alles reduziert auf die Information. Auch mal schön.
Ins Schwarze getroffen
Dass die Veranstalter mit der Themen- und Referentenwahl in Schwarze getroffen hatten, sah man daran, dass der wunderschöne Fuchs-Petrolub-Festsaal mit rund 100 Besuchern bis auf den letzten Platz gefüllt war. Und da die Themen auch für ein breiteres Publikum interessant sind, schickte der SWR ein Fernsehteam vorbei, um zu berichten (Sendetermin leider unbekannt, wir liefern nach, sobald wir etwas erfahren). Apropos Fernsehen: Da es den Rahmen des Artikels sprengen würde, über alle acht Vorträge ausführlicher zu berichten, beschränken wir uns heute auf die Zusammenfassung der ersten drei Beiträge. Alle Leser, denen das zu wenig ist, haben die Möglichkeit, eine Videoaufzeichnung der gesamten Tagung anzusehen, die die Uni Mannheim innerhalb einer Woche zum Download zur Verfügung stellen wird. Sobald dies der Fall ist, werden wir hier auf legal-tech.de den Link zum Video teilen.
Der Erfolg von Legal Tech entstand in den Köpfen und Herzen Einzelner
Im ersten Block berichteten Dr. Jan-Eike Andresen von myright.de, Peer Schulz von helpcheck.de und Marco Klock von rightmart (allesamt Gründer ihrer Unternehmen) lebendig und von innerer Begeisterung getragen von ihren Erfahrungen als Legal Tech-Startups. Sie gaben Einblicke in heute bereits funktionierende Modelle, die Rechtsratsuchenden erlauben, auch geringwertige Ansprüche durchzusetzen. Die gespannten Zuhörer erfuhren, wie einfach heutzutage Diesel-Fahrzeug-Besitzer gegen VW klagen, Hartz4-Empfänger gegen oftmals fehlerhafte Bescheide vorgehen und wie Versicherungsnehmer ihre Lebensversicherung zum Bestpreis zurückkaufen können. Dieser bisher ungleiche Kampf zwischen David (Bürger) gegen Goliath (Unternehmen) gelingt insbesondere durch die weitgreifende Automatisierung der Abläufe. Dabei ließ Klock erkennen, dass man mit der Entwicklung der Systeme noch lange nicht am Ende sei. Wohingegen Andresen die Meinung vertrat, man müsse gar nicht zwingend tiefer in den Bereich der künstlichen Intelligenz vordringen, um beruflich erfolgreich zu sein.
Legal Tech-Startups: Konkurrenten oder Partner der klassischen Anwaltschaft?
Schulz berichtete ergänzend von seinen Erfahrungen mit Widerständen gegen seine Aktivitäten, insbesondere aus der Anwaltschaft in Form von wöchentlichen Abmahnungen, die man aber nach einigen Anlaufschwierigkeiten heute routiniert bearbeitet. Alle drei fragten sich und das Publikum, warum man mit ihren Projekten als Konkurrenz gesehen werde, da man sich doch vornehmlich um Mandate kümmere, deren Streitwert bisher zu niedrig und damit unattraktiv für die klassische Anwaltschaft waren. Übrigens gibt es heute bereits die Möglichkeit, dass klassische Anwälte über Plugins der Legal Tech-Startups die automatisierte Abwicklung auf ihren eigenen Internetseiten einbinden und über ein Provisionsmodell am Erfolg der neuen Projektarten teilhaben können. Die legal-tech.de-Redaktion wird das Thema zu einem späteren Zeitpunkt aufnehmen und vertiefen.
Andresen sieht die Entwicklung noch am Anfang. Grund sei, dass viele Bürger ihr Recht gar nicht kennen, und wenn, glaubten, dass das alles nichts bringt, zu teuer sei und man am Ende auch nicht wisse, wer es denn durchsetzen solle. In der Folge regte er sich erkennbar darüber auf, dass es hierzulande in den Köpfen der meisten tief verankert sei, dass Recht haben und Recht bekommen zwei verschiedene Paar Schuhe seien. „Das ist allgemein akzeptiert und genau das will ich aufbrechen“. Wunderbar!
Im zweiten Block beleuchteten Prof. Dr. Dörte Poelzig (Universität Leipzig), Dr. Konrad Gieseler (Noerr, Frankfurt am Main) und Prof. Dr. Peter Rott (Universität Kassel) über das Zusammenspiel von Legal Tech mit anderen Konfliktlösungsverfahren. Im abschließenden dritten Block beschäftigte man sich mit der Frage „Smart Contracts - Rechtsdurchsetzung ohne Rechtsdienstleister?“ Diese beantworteten Claudia Otto (COT Legal, Frankfurt am Main) und Michael Grupp (Lexalgo, Mainz).
Unser Fazit – Große Legal Tech-Events wie der Anwaltszukunftskongress und die Legal Evolution haben ihre Berechtigung, keine Frage. Aber auch eine kleine, feine Tagungen, wie die in Mannheim können einen Beitrag dazu leisten, Legal Tech lebendig werden zu lassen. Gerne mehr davon!
Am Ende der Veranstaltung beantwortete Martin Fries bereitwillig vier Fragen der FFI-Redaktion zu seiner Tagung. Dieses Interview lesen Sie hier.
Markus Weins ist Geschäftsführer des FFI-Verlags, das Unternehmen hinter legal-tech.de. Von 2008 bis 2014 leitete Markus Weins den Bereich Marketing und Vertrieb des Deutschen Anwaltverlags. 2015 gründete er den FFI-Verlag mit Sitz in Hürth bei Köln.
freie-fachinformationen.de ffi-verlag.de.