Berlin Legal Tech

Was kann ein „Normalanwalt“ auf der Berlin Legal Tech lernen?

Von Bettina Taylor

Am 20.-22. Februar findet in Berlin die dritte „Berlin Legal Tech“ statt. Neben zahlreichen Workshops und Fachvorträgen ist auch ein Hackathon geplant. Warum lohnt es sich, auch für „normale“ Anwälte und Anwältinnen dieses Event zu besuchen? Wir haben einen Blick auf das Programm geworfen und die Veranstalter gefragt.

Was ist ein Hackathon?

Um zu erklären, warum „Normalanwälte“ an einem Hackathon teilnehmen sollten, ist für den ein oder anderen vielleicht folgende Frage vorgelagert: Was ist ein Hackathon überhaupt? Der Begriff Hackathon ist eine Wortneuschöpfung aus „Hacken“ und „Marathon“. Das Format kommt ursprünglich aus der Welt der IT und hat sich mittlerweile in der Legal Tech-Szene etabliert. Dabei kommen Programmierer und Juristen zusammen, um in Teams eine gemeinsame Idee, sei es eine Software oder App, innerhalb eines bestimmtes Zeitraums in die Tat umzusetzen. Die entwickelten Anwendungen sollen Anwaltskanzleien und/oder Mandanten den Arbeitsalltag erleichtern, indem sie zum Beispiel Arbeitsschritte automatisieren. Neben dem Zeitdruck stellen sich Hackathon-Teilnehmer auch Herausforderungen, die für die Arbeit rund um Legal Tech typisch sind: Um ein gutes Legal Tech-Produkt zu entwickeln, müssen sich Informatiker und Juristen gegenseitig verstehen, eine ‚gemeinsame Sprache‘ finden. Zur effizienten interdisziplinären Zusammenarbeit kommt das unternehmerische Gespür hinzu: Welches Legal Tech-Produkt hat überhaupt auf dem Markt bestand? Welchen noch nicht gedeckten Bedarf kann man mit einem Legal Tech-Produkt decken? Diesen Fragen muss sich ein Hackathon-Team innerhalb kürzester Zeit stellen, einen (einigermaßen) vorzeigbaren Prototypen entwickeln und ihn der Jury präsentieren. Hier kommen Kreativitätstechniken wie Design Thinking zum Einsatz.

Auf Hackathons lernen, was Juristen morgen brauchen

Nun zur zweiten Frage: Warum als Familien- oder Verkehrsrechtler einen Hackathon besuchen? Um von der digitalen Revolution nicht „abgehängt“ zu werden, wie Florian Glatz, Mitorganisator der Berlin Legal Tech, erklärt: „Der klassische Anwaltsberuf und die gesamte Rechtsberatung stehen vor einer digitalen Revolution. Dabei sind neue Kompetenzen und technisches Verständnis für digitale Geschäftsprozesse und neue Tools gefragt. Die Veränderungen gehen tief. Die Juristenausbildung hat derweil wenig Lust auf Veränderung oder Innovation. Vieles ist so, weil es immer schon so war. Der Legal Tech Hackathon will dies ändern. Wir laden alle Juristen, Anwälte und Studenten ein, sich zwei Tage Zeit zu nehmen und in die Welt digitaler Innovation einzutauchen. Dabei können Juristen auch ohne technisches Hintergrundwissen wertvolle Beiträge liefern, um innovative Produkte und Services im Legal Tech-Bereich zu erschaffen.“ Auch wer noch in klassischen Bereichen des Anwaltsberuf tätig ist, könne früher oder später, den Anschluss verpassen, wie Glatz am Beispiel datengetriebener Geschäftsmodelle erläutert: „Wer heute glaubt, Templates und Vertragsbausteine seien das Ende der Innovation in der Rechtsdienstleistungsbranche, läuft Gefahr, die eigentliche Revolution zu verpassen.“

Juristen und Informatiker müssen zusammenarbeiten

Besondere Programmierkenntnisse seien nicht notwendig, denn bei Hackathons gebe es zwischen IT-lern und Juristen einen ‚Vermittler‘, erklärt Florian Glatz, der sich als Blockchain-Anwalt einen Namen in der Legal Tech-Branche gemacht hat: „Als Bindeglied zwischen beiden Gruppen fungieren sog. Legal Engineers. Sie agieren als Übersetzer und Brückenbauer zwischen neugierigen Juristen einerseits und Entwicklern und Designern digitaler Produkte andererseits. Dabei stehen sie Modell für das Bild des Juristen der Zukunft.“ Für ihn ist es bei der Berlin Legal Tech ein Hauptanliegen, einen nachhaltigen Dialog zwischen der Welt der Informatiker und Juristen zu fördern: „Unter der Überschrift ‚hacking.law‘ fördern wir einen lange überfälligen Dialog zwischen diesen beiden Gruppen. Ein fruchtbarer Dialog beginnt mit einer gemeinsamen Sprache. Diese zu entwickeln, ist die wichtigste Aufgabe des Events.“

Themen der Konferenz – von KI bis Musterfeststellungsklage

Die Vermittler zwischen den unterschiedlichen Fachbereichen dürften viel Erklärungsarbeit leisten müssen, denn auch die Themen der Konferenz am 22. Februar zeigen wie komplex Legal Tech als Disziplin ist. Die Teilnehmer erwarten Fragestellungen, für die es sich schon im Einzelnen lohnen würde, eine eigene Konferenz zu veranstalten. Welche Unternehmenskonzepte lassen sich aus datengetriebenem Recht (Data Driven Law) entwickeln? Warum können Modelle wie die Musterfeststellungsklage den allgemeinen Zugang zum Recht verbessern? Wie setzt die Bundesregierung Künstliche Intelligenz in der Justiz um? Zusätzlich zur Konferenz und dem Hackathon sollen die Teilnehmer bei den Workshops einen praktischen Bezug zu Legal Tech gewinnen. In ein- bis zweistündigen Blocks werden Themen wie „Unternehmensfinanzierung durch Crowdfunding heute und morgen (DE)“ oder „Do-It-Yourself Automatisierung für Unternehmen leicht gemacht (DE)“ vermittelt. „Die Berlin Legal Tech hat den Anspruch, ihre Besucher über die neuesten Entwicklungen im Markt zu informieren“, so Glatz.

„Neue“ und „alte“ Legal Tech-Player

Die Teilnehmer der Berlin Legal Tech sollen jedoch nicht nur auf dem Laufenden gehalten werden, sondern auch die Akteure der Legal Tech-Szene kennenlernen. Wer sich anschaut, aus welchen Bereichen die Speaker der „Berlin Legal Tech“ kommen, versteht, dass Legal Tech neben der Anwaltschaft auch schon Staat, Wirtschaft und Wissenschaft beeinflusst. So haben Teilnehmer auf der einen Seite die Chance, Vertreter erfolgreicher Legal Tech-Unternehmen wie BRYTER, wenigermiete.de oder LECARE zu treffen. Auf der anderen Seite werden Experten aus der „klassischen“ Anwaltschaft die Konferenz mitgestalten. Hierzu zählen Ulrich Schellenberg, Präsident des Deutschen Anwaltvereins, aber auch größere Rechtsanwaltskanzleien wie lindenpartners, GSK Stockmann oder BBL Bernsau Brockdorff.

Ob „Normalanwalt“, Informatiker oder Legal Engineer, die Teilnehmer der Berlin Legal Tech werden dieses Jahr nicht nur mit Antworten, sondern sicherlich auch mit weiteren Fragen von der Veranstaltung zurückkommen – und mit diesen den Dialog hoffentlich aufrechterhalten. Wir werden in jedem Falle vor Ort berichten!

Die Berlin Legal Tech findet vom 20. bis zum 22.02.2019 in Berlin statt. Tickets sind auf berlinlegal.tech/2019 erhältlich.

Foto: Legal Tech Center
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Bettina Taylor arbeitet als Produktmanagerin und Redakteurin beim FFI-Verlag. Als studierte Online-Journalistin gehören SEO, webgerechtes Texten und Content-Marketing zu ihren Spezialgebieten. ffi-verlag.de

1 Kommentar zu „Was kann ein „Normalanwalt“ auf der Berlin Legal Tech lernen?“

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