Von Bettina Taylor
Legal Tech sollte nicht nur visionär sein, sondern auch Lösungen hervorbringen, die dem Anwalt heute schon nutzen. Das war eine der Kernbotschaften beim DATEV-Anwaltstag, der am 10.04.2019 in Düsseldorf stattfand.
DATEV hat sich als Software-Anbieter in der Kanzleipraxis für Rechtsanwälte und Steuerberater längst etabliert. Disruption, wie man so schön in der Legal Tech-Szene sagt, wird eher weniger mit der Marke DATEV in Verbindung gebracht. Bei der Präsentation seiner neuen Software-Lösungen wollte das Unternehmen auch ganz bewusst nicht ‚das Rad neu erfinden‘. Stattdessen fokussierte es sich auf die Bereiche im Kanzleialltag, die mithilfe intelligenter Software effizienter und besser durchgeführt werden können. Legal Tech sei ein „digitaler Transformator, der anwaltliche Tätigkeiten automatisiert oder beschleunigt. Wir wollen heute auf die Frage eingehen, wie sich eine Kanzlei schon heute fit für die Zukunft machen kann“, so Evi Radlspeck von DATEV.
Digitalisierung ist „überall“
Bei einer kurzen Einführung in das Thema Legal Tech und Digitalisierung betonte Evi Radlspeck von DATEV, dass Legal Tech kein „Exotenthema“ mehr sei. Es ginge mittlerweile nicht mehr um die Frage ob, sondern wie man sich als Anwaltskanzlei mit Legal Tech beschäftigen sollte. Überhaupt durchdringe die Digitalisierung seit Jahrzehnten Stück für Stück fast alle Lebensbereiche, sei es Gesundheit, Urlaubs- und Karriereplanung oder Kommunikation. Auch die Rechtsbranche bleibe von dieser Entwicklung nicht unberührt. Die DATEV eG will ihr Portfolio entsprechend aufrüsten, um den neuen Anforderungen an die digitale Rechtsbranche gerecht zu werden. „Unser Ziel ist es, ein Ökosystem für Anwälte zu schaffen, in dem Lösungen für die Kanzleiorganisation der Zukunft und die anwaltliche Leistungserstellung angeboten werden. Uns ist bewusst, dass wir das nicht alleine machen können“, erklärte DATEV-Vertriebsleiter Patrick Englert. Aus diesem Grund kooperiere das Unternehmen mit Legal Tech-Anbietern wie LAWLIFT, AdvoTools oder e.Consult.
Legal Tech zwischen Gewohnheit und Informationsflut
Als die DATEV-Mitarbeiter eine Software präsentierten, mit der sich Fallakten durch juristische Textanalyse, Kategorisierungen und Visualisierungen übersichtlicher darstellen lassen, wurde durch Rückfragen aus dem Publikum klar, dass sich viele Juristen mit den inzwischen vielen unterschiedlichen Kommunikationskanälen anwaltlicher Arbeit schwertun: beA, Fax, Papierpost, E-Mail, Anwaltssoftware – all diese Kanäle müssen überwacht und doppelt geführt werden. Außerdem sei längst noch nicht alles digital. Wenn beispielsweise die Gegenseite bei einer Fallbearbeitung noch analog arbeite, müssten die Unterlagen eingescannt werden, was wiederum zusätzlichen Aufwand bedeute. Software-Anbieter wie DATEV versuchen dieses Problem zu lösen, indem sie eine direkte beA-Anbindung in ihr System einbauen.
Schlichte Gewohnheit spiele bei den Hürden, die auf dem Weg zur Digitalisierung zu nehmen sind, auch eine Rolle. Man habe schon oft erlebt, dass derjenige, der beim Gerichtstermin noch die Papierakte nutze, schneller sei als Kollegen mit der eAkte, wie ein Veranstaltungsteilnehmer erzählte. Das treffe nicht nur auf ältere Anwältinnen und Anwälte zu. Genau hier müssten Legal Tech-Anbieter ihre Nutzer jedoch abholen.
Online-Marketing als Legal Tech-Thema
Wenn es um eine pragmatische Sichtweise auf Legal Tech geht, dann umfasst die Definition dieses Begriffs oft auch Themenfelder wie Online-Marketing. So gab auch Online-Marketing-Expertin und Rechtsanwältin Pia Löffler dem Publikum des DATEV-Anwaltstags einen Crash-Kurs in Sachen Online-Marketing mit auf den Weg.
Die Sprache des Wunschmandanten „sprechen“
Bei der Frage, wie man als Anwältin oder Anwalt im Netz gefunden wird, spielen technische Aspekte weniger eine Rolle als eine klare strategische Ausrichtung in der Außendarstellung der Kanzlei. Welche Mandantenzielgruppe will ich langfristig ansprechen? Welche Fragen stellen sich meine Wunschmandanten und welche Rechtsprobleme haben sie? Um diese Fragen zu beantworten, muss man sich sehr gut in die Lage seiner gewünschten Mandantenzielgruppe hineinversetzen können und von juristischen Fachbegriffen Abstand nehmen. Erst wenn diese Fragen geklärt sind, könne im nächsten Schritt die Keyword-Recherche stattfinden, um festzulegen, mit welchen Suchbegriffen man bei Google gefunden werden möchte. Eine gute Suchmaschinenoptimierung könne aber nur greifen, wenn der Webauftritt professionell aufgebaut sei. Dazu gehörten neben einer klaren Menüstruktur professionelle Fotos, so Löffler.
Online-Marketing: Handwerkszeug einer Kanzleistrategie
Auch die Frage, ob man Anwaltssuchdienste nutzen sollte, wurde kurz angesprochen. Pia Löffler brachte das Thema auf den Punkt: „Mit einem Anwaltssuchdienst-Profil ist es wie mit einem Fitnessstudio-Vertrag: Allein den Vertrag abzuschließen, ist noch lange kein Erfolgsgarant. Man muss auch danach noch etwas tun.“ Mit „etwas“ meinte sie zum Beispiel sich Zeit für eine aussagekräftige Profilbeschreibung nehmen und Artikel schreiben, in denen die Fragen der potenziellen Wunschmandanten thematisiert werden. Für Legal Tech-Unternehmen, mit denen sich Anwälte in Zukunft immer mehr messen müssen, gehöre Suchmaschinenoptimierung und Online-Marketing längst zum grundlegenden Handwerkszeug, egal ob es Teil von Legal Tech sei oder nicht.
Mit Visionen schien Legal Tech an diesem Abend – anders als bei den meisten Veranstaltungen, die sich um Digitalisierung in der Rechtsbranche drehen – nicht viel zu tun zu haben. Ein paar brauchbare Tipps nahmen die Teilnehmer aber sicher mit nach Hause.
Fotos: FFI-Verlag
Weitere Termine der regionalen DATEV-Anwaltstage
09.05.2019 in Stuttgart
05.06.2019 in Berlin
04.07.2019 in München
Weitere Informationen zu den DATEV-Anwaltstagen auf datev.de.
Bettina Taylor arbeitet als Produktmanagerin und Redakteurin beim FFI-Verlag. Als studierte Online-Journalistin gehören SEO, webgerechtes Texten und Content-Marketing zu ihren Spezialgebieten. ffi-verlag.de