Von Patrick Prior
Vom 2. bis 4. Oktober 2017 fand in Zürich das erste große Legal Tech-Event der Schweiz statt: die Swiss Legal Tech. Geboten wurden den ca. 350 internationalen Besuchern ein Hackathon, diverse Workshops und ein Konferenz-Tag mit vielen namhaften Sprechern.
Hackathon – Innovation in kurzer Zeit
Eingeleitet wurde die Swiss Legal Tech am 2.10.17 von einem Hackathon mit 150 beteiligten Teilnehmern. Dazu fanden sich vor Ort Legal Tech-Enthusiasten der verschiedensten beruflichen Herkunft zusammen, wie Rechtsanwälte, Legal Engineers und Programmierer, die alle nur ein Ziel hatten: Innerhalb von 24 Stunden ein, wenn möglich, fertiges, neues Rechtsprodukt zu entwickeln, ihr Produkt vor einer Fachjury zu präsentieren und den Hackathon-Wettbewerb zu gewinnen.
Der dritte Platz des Hackathons ging an BlockchainAir, eine Blockchain-Dokumentenlösung für die Flugzeugbranche. Der zweite Platz ging an Legal Oracle, eine Softwarelösung, die es erlaubt Smart Contracts einfach mit einer Blockchain zu verknüpfen. Der Gewinner des Hackathons war Solvee, eine clevere App-Lösung für die Aufteilung von vererbten Gütern zur Auseinandersetzung innerhalb einer Erbgemeinschaft.
Workshops – Legal Tech praxisnah
Am zweiten Tag wurden dem interessierten Fachpublikum verschiedene Workshops präsentiert. Die Auswahl war groß und vielfältig. Oft fanden zeitgleich drei verschiedene Workshops statt, unterteilt in die Bereiche Industrialisierung, Blockchain & AI und E-Governement.
Interessante Beiträge waren hier zum Beispiel „Der Mandant als Treiber von Legal Tech“, „Law as a service - Chancen & Herausforderungen“ und „Digitalisierung - Auswirkungen auf kleinere und mittlere Kanzleien“. Etwas technischer wurde es bei den Themen „Wie Legal Chatbots die Rechtsberatung verändern werden“, „State of the Art in Machine Learning - was intelligente Maschinen für Rechtsberufe tun können“, „Smart Contracts - praktische Anwendungsbeispiele aus der Versicherungsbranche“ und „Firmengründung auf Blockchain“. Aber auch für die Allgemeinheit interessante Themen, wie zum Beispiel „Legal Tech und der Zugang zum Recht“ spielten eine Rolle.
Konferenz – ein gelungener Abschluss
Am dritten und letzten Tag der Swiss Legal Tech fand die eigentliche Konferenz ab 9:00 Uhr statt. Einer der Höhepunkte war der Vortrag „Nietzschean Tour of Artificial Intelligence in Law“ von Meng Weng Wong, CEO von Legalese und Entwickler an der Universität Stanford, USA. In seinem Vortrag beschrieb Meng Weng Wong anschaulich, wie in nicht allzu ferner Zukunft Verträge direkt in Software-Code formuliert werden und so von Maschinen ohne große Auslegungsprobleme zu lesen und zu verstehen sind.
Auch der Vortrag „Keynote: Künstliche Intelligenz“ von Paul von Bünau gab Aufschlüsse, welche juristische Arbeit in Zukunft von Maschinen übernommen werden wird und welche eher nicht. Er zeigte auf, wie Künstliche Intelligenz schon heute die anwaltliche Arbeit optimiert und wo die großen Potenziale liegen.
Weitere interessante Vorträge galten den Themen „Die Kanzlei der Zukunft“, „Neue Business Modelle für Anwälte“ und „Industrielle Rechtsdienstleistungen“. Auch die Blockchain als Basistechnologie im Recht und die Anwendung von IBM Watson wurden besprochen.
Abgerundet wurde der Konferenztag von den Präsentationen der Hackathon-Gewinner und einer Panel-Diskussion, zu der auch Meng Weng Wong nochmals einen besonderen Beitrag leistete.
Fazit und Praxistipps
Die Swiss Legal Tech war insgesamt ein sehr gelungenes Event. Von der Auswahl der Redner, über die präsentierten Ideen aus dem Hackathon, bis hin zur Location und zum Catering lief alles reibungslos und positiv ab.
Als Praxistipp aus der Sicht eines Rechtsanwalts konnte man folgende Erkenntnisse gewinnen:
- Eines der entscheidenden juristischen Themen der Zukunft ist die Blockchain in Kombination mit Smart Contracts. Jedem Anwalt kann hier nur geraten werden, sich mit dieser kommenden Technologie vertraut zu machen und jetzt schon zu entscheiden, ob er hier tätig werden möchte.
- Ein anderer Trend ist die Cloud. Fast jede juristische Software der Zukunft, egal ob Kanzleimanagement-, Contract Analysis oder Contract Assembly-Software, findet in der Cloud statt und ist dadurch auf einen jederzeitigen und mobilen Einsatz ausgerichtet.
- Eine weitere Erkenntnis der Swiss Legal Tech ist, dass der „künstliche Rechtsanwalt“ noch weit entfernt ist. Der Einsatz von Software, die intelligent unterstützend wirkt, wird hingegen schnell am Rechtsmarkt eine breite Anwendung finden. Hier gilt es, sich als Rechtsanwalt grundlegend zu informieren und die Kanzlei dem Wandel anzupassen.
Die Veranstalterin, Dr. Petra Arends-Paltzer, hat kürzlich bekannt gegeben, dass 2018 wieder eine Swiss Legal Tech in der Schweiz stattfinden wird.
Patrick Prior ist Jurist, Legal Tech-Experte und Inhaber der Legal Tech Software- und Beratungsfirma Advotisement®. Außerdem betreibt er das Legal Tech-Verzeichnis.