iur.crowd

Nach Sieg auf dem German Legal Tech Summit:
iur.crowd startet mit Lösung zur juristischen Recherche durch

Mit ihrem Sieg bei der Start-up Pitch Trophy des German Legal Tech Summit 2023 hat iur.crowd nicht nur die Jury, sondern auch die gesamte Branche überzeugt. Als erstes deutsches Legal Tech Start-up bietet iur.crowd Legal Analytics an und fokussiert sich auf die automatisierte Anonymisierung von Gerichtsentscheidungen. Ein Jahr später blicken sie zurück: Was hat sich seit dem Sieg verändert? Welche Meilensteine konnten sie erreichen? Und welche Tipps haben sie für zukünftige Teilnehmer:innen der Pitch Trophy? Im Interview mit dem German Legal Tech Hub (GLTH) teilen sie ihre Highlights, Herausforderungen und Visionen für die Zukunft.

GLTH: Lieber Frederik und lieber Til, wie hat sich die Legal Tech-Branche aus eurer Sicht in den letzten zwölf Monaten entwickelt?

Wir möchten vor allem auf drei Aspekte hinweisen. Erstens sehen wir definitiv eine wesentlich breitere Einbindung generativer KI-Lösungen, die bereits ganz konkret im anwaltlichen Alltag eingesetzt werden. Das beginnt etwa bei der automatisierten Mandatsannahme sowie der Weiterverarbeitung der Informationen bei der ersten Schriftsatzerstellung. Es geht aber auch noch weiter, wie in unserem Fall, im Rahmen der juristischen Recherche.

So sind wir mittlerweile in der Lage, auf Basis juristischer Fragestellungen individualisierte Kommentarantworten mit präzisen Fußnotenverweisen für die Nutzenden zu erstellen. Damit müssen Anwält:innen nicht mehr endlos viele Einzeldokumente lesen und abgleichen. Das Beste ist aber, dass die Nutzenden sich – wenn gewollt – auf dieser Grundlage auch eigene Schriftsätze mit Fußnotenverweisen erstellen lassen können. Das erleichtert die anwaltliche Arbeit ganz konkret und erheblich. Das gilt umso mehr, je weiter die Kosten für solche Anwendungen sinken.

Zweitens ist damit zudem die Awareness in der Anwaltschaft für Legal Tech-Lösungen noch größer geworden. Mit den erweiterten Möglichkeiten steigen aber natürlich ebenso die Bedürfnisse der Anwaltschaft an das, was die Legal Tech-Lösungen am Ende können sollen – das ist ganz klar. Das betrifft auch datenschutz- und berufsrechtliche Fragen im Rahmen der Compliance. Wir können dem bisher aber sehr gut gerecht werden, was unsere über bestehenden 450 Kund:innen jeden Tag erleben.

Drittens sehen wir bei etablierten großen Unternehmen im Anwaltsmarkt, gerade im Bereich der Softwareentwicklung, ein großes Interesse an der Einbindung von Drittlösungen über Schnittstellen. Da muss nicht mehr jedes Unternehmen das Rad neu erfinden. Das erleichtert gerade kleineren Unternehmen den Markteinstieg ungemein. Auch bei uns spielen da verschiedene Unternehmen eine Rolle. Dazu werden wir aber erst im Verlauf des Jahres noch mehr preisgeben. Stay tuned!

GLTH: Was hat euch die Zusammenarbeit mit dem German Legal Tech Hub und die Teilnahme an der Roadshow konkret gebracht?

Die Zusammenarbeit hat uns auf ganz verschiedenen Ebenen unterstützt. Wir haben zum Beispiel das Interesse von Investor:innen geweckt, die bei einzelnen Veranstaltungen im Publikum saßen und uns direkt danach zu Gesprächen eingeladen haben. Wir haben aber auch Kontakte zu größeren Unternehmen, wie der DATEV oder Soldan aufbauen beziehungsweise vertiefen können. Schließlich haben wir auch weitere Kund:innen gewonnen, die über die Öffentlichkeitsarbeit des German Legal Tech Hub auf uns aufmerksam geworden sind.

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GLTH: Wo steht iur.crowd heute und was sind eure nächsten großen Ziele?

Gegenwärtig sind wir Teil eines Accelerator-Programmes, das aus einer Zusammenarbeit des Silicon Allee und des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts hervorgegangen ist. Das gibt uns nicht nur finanzielle Sicherheit, sondern unterstützt uns auch ganz konkret bei der grundsätzlichen Weiterentwicklung unseres Produktes. So können wir etwa exklusiv patentierte Fraunhofer-Technologie im Bereich XAI (Explainable AI) einsetzen.

Was heißt das konkret? Wir verfügen über eine Chatbot-Lösung – unseren digitalen wissenschaftlichen Mitarbeiter – die auf Grundlage unserer Datenbank dazu in der Lage ist, eine Art individualisierte Kommentarantwort mit präzisen Fußnotenverweisen für juristische Fragen zu erstellen. Durch das Fraunhofer Institut können wir aber im Gegensatz zu anderen Anbieter:innen sicherstellen, dass es zu keinen Halluzinationen kommt und dass die Fußnotenverweise auch tatsächlich stimmen, genauso wie die Antworten.

Vor dem Hintergrund der Teilnahme an besagtem Accelerator sind wir zudem in den Prozess eines Rebrandings eingestiegen. Das liegt vor allem daran, dass der Name iur.crowd in der Schreibweise und Aussprache zu uneindeutig war. In Zukunft werden wir uns deshalb „Anita“ nennen. Anita steht für eine schnellere, präzisere, kostengünstigere und stressfreiere Recherche. Der Wechsel von der iur.crowd zu Anita ist eine strategische Entwicklung, die unsere Vision und die Bedürfnisse unserer Nutzenden besser widerspiegelt. Während bei der iur.crowd die Zusammenarbeit im Vordergrund stand, konzentriert sich Anita auf die Bereitstellung einer schnellen, genauen und damit stressfreien Rechtsrecherche. Der neue Name steht für Einfachheit, Vertrauen und Transparenz und verdeutlicht unser Engagement für innovative Tools, wie Explainable AI (XAI) und die Neudefinition der juristischen Recherche mit modernster Technologie.

Deshalb haben wir im Februar auch unsere neue, redesignte und technisch weiterentwickelte Plattform über www.anita.legal gelaunched. Zugriff erhalten zunächst Anwält:innen im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes – und bis Mitte des Jahres Anwält:innen aller Rechtsgebiete.

Mit der Plattform können Anwält:innen erstmalig Gerichtsentscheidungen systematisch, insbesondere mit Blick auf die juristische Argumentation und andere Aspekte, wie etwa Erfolgsquoten oder Streitwerte hin, analysieren.

Verbunden mit unserem digitalen wissenschaftlichen Mitarbeiter und dessen präzisen Fußnotenverweisen befreien wir die Anwält:innen damit davon, mühsam mehrere Dokumente zu lesen, bevor sie ihre jeweilige rechtliche Frage beantworten können. Anwält:innen erhalten damit sofort eine Antwort auf ihre Frage und einen Überblick über die zugrundeliegenden rechtlichen Aspekte, wie etwa die juristische Argumentation. Das Beste daran ist, dass das dank patentierter Software ganz ohne Halluzinationen funktioniert. Damit schaffen wir eine ganze neue Recherchequalität. Unser Ziel ist es, damit unsere bisherige Kund:innenzahl mindestens zu verdoppeln.

GLTH: Welche Tipps habt ihr für Gründer:innen, die in der Legal Tech-Branche erfolgreich sein möchten?

Fangt schnell an mit Mock-ups zu Prototypen, zeigt sie potenziellen Kund:innen, fragt sie, ob sie dafür zahlen würden und iteriert so lange weiter, bis ihr mit der Antwort zufrieden seid. Sucht in dem Prozess das wirkliche Problem der Anwält:innen und hört nicht zwingend auf die von ihnen angebotenen Lösungen.

GLTH: Wie fühlt es sich an, den Staffelstab nun an suitcase zu übergeben? Was wünscht ihr ihnen für ihr Jahr als GLTH-"Start-up in Residence"?

suitcase ist ein super Unternehmen mit einem charismatischen Gründungsteam, die ein reales Problem adressieren, nämlich gesellschaftlichen Frieden zwischen Individuen zu bewahren. Und das schaffen sie mittels eines ausgeklügelten Streitschlichtungsmechanismus in einer Welt, in der der Zugang zu Gerichten – gerade in Zeiten des demographischen Wandels – immer schwieriger wird. Von daher fühlt sich die Übergabe super an. Wir wünschen suitcase, dass sie ihre Reichweite mit dem German Legal Tech Hub weiter steigern können und hoffentlich die einen oder anderen Kooperationspartner:innen sowie Investor:innen finden, die sie auf ihrer erfolgreichen Reise begleiten.

GLTH: Gibt es etwas, das ihr zum Abschluss noch teilen oder loswerden möchtet – sei es eine Botschaft an andere Start-ups, eine Reflexion über das Jahr oder einen Blick in die Zukunft?

Als letztes möchten wir betonen, wie wichtig es ist, trotz der rasanten technologischen Entwicklung, immer den Menschen im Blick zu behalten – sowohl in der eigenen Organisation als auch bei Mandant:innen und Endkund:innen. Technologie sollte immer als Enabler verstanden werden: Sie kann Prozesse vereinfachen, die Rechtsberatung zugänglicher machen und Raum für echte Innovationen schaffen, aber sie ersetzt nicht das menschliche Urteilsvermögen, das Vertrauen und den persönlichen Austausch. Wir blicken zuversichtlich in die Zukunft und freuen uns auf die weiteren Vernetzungen und Kooperationen in der Legal-Tech-Community.

frederik-tholey
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Frederik ist CEO des Start-ups iur.crowd. Zudem ist er Rechtsanwalt mit Erfahrung im Gesellschaftsrecht und zwei Legal Tech-Projekten. Daneben hat er bereits erfolgreich das Unternehmen Weihnachtsmann2Go mitgegründet, eine Plattform für Schauspieler:innen die zu Weihnachten in Familien u. a. den Weihnachtsmann spielen.

Til ist CXO des Start-ups iur.crowd. Zudem ist er Rechtsreferendar am Kammergericht Berlin und Doktorrand im Bereich der statistischen Auswertung richterlichen Verhaltens. Er gründete bereits erfolgreich die Initiative iur.reform zur Reform der juristischen Ausbildung mit bundesweiter Resonanz in Deutschland.

Bild: Adobe Stock/©VZ_Art
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