Von Nadia Neuendorf
Am 24.11.2017 veranstaltete die Rechtsanwaltskammer im Oberlandesgericht Köln ein internationales Legal Tech-Symposium. Schon in der Eingangsrede betonte Rechtsanwalt Guido Imfeld, Vizepräsident der Rechtsanwaltskammer, dass Legal Tech bedeutet, Chancen nutzen zu müssen. Das zunehmende Arbeiten mit Technik, führe gleichzeitig aber auch zu einem Kontrollverlust: „Wir nutzen Technik, die wir nicht begreifen und die auf unbekannten Algorithmen beruht.“ Was das schon heute, aber auch in Zukunft, für die Arbeit des Anwalts bedeutet, war Thema des Symposiums.
Zunehmende Automatisierung
Immer mehr Fälle können inzwischen automatisiert bearbeitet werden. Rechtsanwalt Jean-François Henrotte aus Lüttich berichtete von konkreten Beispielen aus Belgien, bei denen Technik große Teile der Anwaltsarbeit ersetzt. So zum Beispiel Lee & Ally, eine künstliche Anwaltskanzlei, die die Fragen der Mandanten mithilfe eines Chatbots beantwortet oder Claim it, das belgische Pendant zu flightright.de, ein Portal das Schadenersatzansprüche bei Flugverspätungen und Flugausfällen durchsetzt. Rechtsanwalt Bas Martens aus den Niederlanden berichtete zur Erheiterung aller von einer holländischen Plattform für Online-Scheidungen.
Service als Mehrwert
Viele dieser Rechtsdienstleistungsportale stellen keine Konkurrenz für die Anwaltschaft dar, doch wo automatisiert werden kann, wird sich auch die Arbeit von Juristen verändern. Das Ziel eines jeden Anwalts sollte sein, einen Mehrwert zu schaffen, der über das hinausgeht, was mit Technik umsetzbar ist. Mit Eigenschaften wie Empathie und Überzeugungskraft gelingt es schon, sich von Software und Programmen abzuheben. Jean-François Henrotte und Bas Martens waren sich einig, dass deshalb in Zukunft noch mehr Wert auf einen zufriedenstellenden Service gelegt werden müsse. Oft sei dies schlicht ein Anwalt, der zuhört (2/3 Zuhören, 1/3 Reden), sich nicht vor Mandanten über zu viel Arbeit beschwert und Interesse zeigt. Rechtsanwalt Bas Martens bezeichnete die Servicequalitäten eines Anwalts als „Key-Value“. Dazu könne auch gehören, den Mandanten anzurufen, wenn man lange nichts mehr von ihm gehört hat. Ein Punkt, der von Mandanten außerdem stets positiv bewertet werde, seien transparente Kosten, wie es auch die Online-Portale bieten.
Anwaltlicher Rat auch in Zukunft nicht zu ersetzen
Auf der anderen Seite ist es sinnvoll, die Technik zu seinem Vorteil zu nutzen. Denn der Einsatz von Programmen und Tools ermöglicht auch dem Anwalt ein schnelleres und effizienteres Arbeiten. So ist es möglich, einzelne Fälle schneller zu bearbeiten, eine größere Anzahl an Mandanten zu bedienen und gleichzeitig höhere Stundensätze zu fordern.
Rechtsanwalt Klaus Brisch betonte, dass der Wunsch nach individueller Beratungsleistung in Deutschland noch wesentlich größer sei als beispielsweise in den USA. Vor allem in hochspezialisierten Segmenten bleibe der anwaltliche Rat und eine individuelle Betreuung unersetzlich. So sei es ein großer Vorteil, sich zu spezialisieren, um auf dem Markt bestehen zu bleiben. Ebenfalls denkbar: als Experte für Rechtsprodukte auftreten. Brisch erwähnte in diesem Zusammenhang, ein Modell, bei dem Anwälte ihre Mandanten bei Standardvorgängen in ihrer Autonomie unterstützen. Dazu stellen sie den Mandanten die Produkte zur Verfügung, die sie in Teilen eigenständig handeln lassen, z.B. in der Verwaltung, und dem Mandanten dabei beratend zur Seite stehen.
Fazit: Ein guter Anwalt bietet guten Service
Das Fazit der Veranstaltung: Einerseits wird der Einsatz von Technik so manche juristische Tätigkeit überflüssig machen, anderseits ist der anwaltliche Rat im Kern aber nicht zu ersetzen. Es wird in Zukunft entscheidend sein, welchen Service der Anwalt bietet und wie spezialisiert er auf seinem Gebiet ist.
Fotos: Nadia Neuendorf
Nadia Neuendorf arbeitet als Produktmanagerin und Redakteurin beim FFI-Verlag. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist das Thema Legal Tech. ffi-verlag.de