Von Kristian Borkert
Vom 2. - 4. Februar fand der erste Blockchain Hackathon in Stuttgart statt. Kristian Borkert beschreibt, warum es sich für Juristen lohnt, derartige \"IT-Veranstaltung\" zu besuchen.
Über einhundert Teilnehmer traten in 17 Teams an, um in den Kategorien „most visionary concept“, „best technical inplementation“ and „best business case“ zu brillieren. Ich war schon sehr gespannt. Zum einen war es mein erster Hackathon überhaupt. Zum zweiten war ich gespannt auf die rechtlichen Fragen, die die Teams an mich haben würden… Um es auf den Punkt zu bringen: Eine großartige Erfahrung. Ich bin sehr stolz auf die Teams und schwer beeindruckt, was sie in so kurzer Zeit erreicht haben.
Auf der Suche nach dem Einhorn
Am 2. Februar ging es um 17 Uhr los. Nach einer einleiteten Keynote zur Zukunft von Blockchain vom Vorstandsmitglied des Bundesblocks (Verband zur Förderung der Blockchaintechnologie in Deutschland), wurden die „Challenges“ in drei Kategorien und in besonderer Aufgabenstellungen der Goldsponsoren Daimler, Bosch und LBBW verkündet.
In der darauffolgenden Networking-Pause suchte sich jeder Teilnehmer sein Team für die nächsten 48h… dann ging die Arbeit los. Wie ein Bildhauer von einem Steinblock alles entfernt, was nicht zu seinem Kunstwerk gehört, gingen die Teams daran, ihre Geschäftsidee zu verfeinern. Dazu nutzten sie z.B. die Methode Business Model Canvas, bei der die Schlüsselfaktoren eines Geschäftsmodells visualisiert werden.
Auf technischer Ebene wählten Sie die passende Blockchain aus. Dabei sind neben technischen Ansprüchen auch die Fähigkeiten des Teams entscheidend. Hat jemand schon Erfahrung bei der Programmierung von Smart Contracts? Hat das Team überhaupt Erfahrung mit Blockchain? Und wenn ja mit welcher? Welche Expertise ist vorhanden?
Ein Proof of Concept, also ein rudimentärer technischer Machbarkeitsnachweis, bringt den Teams schnell Klarheit und verhindert, dass zu viel Zeit ohne weiteren Mehrwert in die Evaluation gesteckt wird. Oder auch: „Fail fast! Fail cheap!“
Am Samstagmorgen wurden die Mentoren vorgestellt. Neben vielen Coaches auf der technischen Ebene hatte auch ich die Ehre, den Teams meine Unterstützung als „Legal Coach“ bei rechtlichen Themen anzubieten.
Legal Coach in neuen Welten, wo noch nie zuvor…
Für die Veranstalter – bwcon und blocklab – und für mich, war die Rolle eines „Legal Coach“ Neuland. Aus unser Erfahrung und unzähligen Gesprächen wussten wir aber, dass es für eine erfolgreiche Implementierung auf der Blockchain entscheidend darauf ankommt, bereits bei der Konzeption der Lösung rechtliche Fragestellungen zu berücksichtigen. Daher schien es logisch, auch den Teilnehmern rechtliche Expertise zur Diskussion von rechtlichen Fragestellungen bei Ihrem Geschäftsmodell zur Seite zu stellen.
Aber wie bereitet man sich auf einen Hackathon vor? Für mich bestand die Vorbereitung darin, eine kurze Präsentation von „legal basics“ auf der Blockchain zusammenzustellen. Dort habe ich typische Fragestellungen wie Vertragsschluss, Trennungs- und Abstraktionsprinzip, Rechtsnatur von Smart Contracts, Datenschutz/EU-DSGVO sowie einen Überblick der weiteren betroffenen Rechtsbereiche zusammengefasst.
Weiter erstellte ich einen Gastbeitrag zum Thema Smart Contracts für den Blog des Hackathons mit dem Titel: „Lost in Translations – Legal Challenges of Smart Contracts“. Dieser wurde zu meiner großen Freude dank Social Media sogar in Schweden gelesen. Denn ein schwedischer Kollege hat mir eine Nachricht geschrieben und sich für den Artikel bedankt.
Happy Coding!
Aber zurück zur Veranstaltung. Nach der Vorstellung der Moderatoren war ich sehr gespannt, mit welchen Fragen sich die Teilnehmer an mich wenden würden? Gab es überhaupt Bedarf? Bei einem Rundgang am Vorabend hatte ich bereits Gespräche zu Smart Contracts und ihrer rechtlichen Ebene geführt. Bei einem anderenTeam, welches fälschungssicher Videomaterial z.B. von einer Dash-Cam auf der Blockchain speichern wollte, ging es um Datenschutz. Das ließ hoffen, dass es weiteren Bedarf geben würde.
Tatsächlich füllte sich die Liste innerhalb kurzer Zeit. Den restlichen Samstag verbrachte ich damit, die Teams in Ihren Räumen zu besuchen und Ihr Geschäftsmodell zu verstehen.
Anschließend habe ich gemeinsam mit den Teams Lösungen skizziert, wie das Geschäftsmodell im bestehendenRechtsrahmen, z. B. bezüglich EU-DSGVO, risikominimiert umgesetzt werden könnte. Neben den Standardfragen waren aber auch exotischere Themen wie öffentliche Ausschreibungen nach §§ 97 ff. GWB oder FinTech Geschäftsmodelle unter Berücksichtigung der PSD II dabei.
Die Spannweite war enorm und ich denke, beide Seiten haben dabei viel gelernt. Auch wenn nicht alle erarbeiteten Lösungen im Pitch am nächsten Tag gezeigt werden konnten, ist es uns m.E. recht gut gelungen, Lösungen zu skizzieren, die eine gute Chance haben, im Rechtsverkehr außerhalb geschützter Räume und Laboratorien zu bestehen.
And the winner is…und Ausblick
Zu meiner großen Freude waren doch einige, der von mir beratenen Teams unter den Gewinnern. Letztlich gewinnen aber alle Teilnehmer und Mentoren – an Erfahrung, Expertise und Netzwerk.
Ich jedenfalls habe viel gelernt, über Blockchain, Ethereum, Iota, Hyperledger & Co. Über Menschen, die inspiriert sind, die Zukunft zu gestalten. Über große und auch kleinere Unternehmen aus Baden-Württemberg, die innovative Themenvorantreiben und Menschen dabei unterstützen möchten.
Mir hat es einen riesen Spaß gemacht, ich habe viel gelernt und ich bin beim 2. Blockchain Hackathon gerne wieder dabei. Vielleicht dann auch als Teilnehmer für eine Legal Tech-Anwendung. Macht jemand mit?
Darum sollte man als Jurist an einen Hackathon teilnehmen
Interdisziplinäre Zusammenarbeit verbessern, iteratives Vorgehen und agile Beratungskonzepte erproben, neue Technologien und Businessmodelle kennenlernen, Innovation fördern.
Darum sollte man sich als Jurist mit Blockchains beschäftigen
Blockchain Technologie ist nicht nur technische Innovation. Sie hat auch ein enormes Potential, das gesellschaftliche Zusammenleben und wirtschaftliche Handeln grundlegend zu verändern. Diese Veränderung rechtlich begleiten und mitgestalten zu dürfen, ist für mich eine große Inspiration.
Kristian Borkert ist IT-Jurist, Datenschutz-beauftragter, internationaler Einkaufsexperte und Tech-Enthusiast. Als Inhaber der JURIBO Anwaltskanzlei fokussiert er sich auf Agiles, Blockchain und IT-Sourcing. Er ist u.a. Mitglied der SIG Blockchain und decentralized computing der bwcon und hat maßgeblich den blockchain compass, einem 360° Analysewerkszeug für Business Modelle auf der Blockchain, mitkonzipiert.