Deutscher Anwaltstag 2025

KI-Tools auf dem Vormarsch, Regulierung im Rückstand?

Das war der Deutsche Anwaltstag 2025


Der Deutsche Anwaltstag 2025 fand dieses Jahr in Berlin unter dem Motto „Rechtsstaatlichkeit stärken, Freiheit bewahren" statt. Auf den ersten Blick kein Thema, bei dem man sofort an Digitalisierung denkt. Trotzdem spielten die Themen Legal Tech und Künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle auf dem DAT – sowohl in den Vorträgen, als auch auf der Ausstellermesse AdvoTech. Dort konnten auch einige neue KI-Tools direkt ausprobiert werden. Was Sie verpasst haben, wenn Sie nicht beim DAT waren, verraten wir in diesem Veranstaltungsbericht.

1. Welche rechtliche Herausforderungen gibt es im Lebenszyklus von KI-Lösungen?

Viele Kanzleien sind bereits dabei oder überlegen, KI-Lösungen in der Kanzlei zu implementieren. Doch welche rechtlichen Anforderungen sind dabei zu beachten? Genau darum ging es diesem Panel. Die Panelteilnehmenden berichteten von dem Gefühl vieler Anwälte und Anwältinnen „lost in space“ zu sein, da die Leitlinien für die Nutzung von Künstlicher Intelligenz teilweise noch unklar sind.

Der AI Act der EU schafft zwar erstmals einen einheitlichen Regulierungsrahmen für KI, doch im Panel wurde dieser nicht nur positiv gesehen. Einerseits sei es gut, dass es überhaupt Regeln für KI gibt, andererseits seien viele Pflichten noch nicht in Kraft. Gleichzeitig werde bereits an einem neuen „AI simplification package“ gearbeitet. Schwierigkeiten bereite auch die Tatsache, dass die USA unter Trump einen konträren Ansatz zum Thema KI verfolgen als die EU.

Das Panel empfahl Kanzleien, einen „maschinenlesbaren Nutzungsvorbehalt“ auf ihrer Website hinterlegen, um zu verhindern, dass KI-Modelle die Inhalte der Seite zum Training verwenden. Das kann etwa über das Impressum (wie z. B. hier im Impressum der FAZ) oder direkt im Quellcode geschehen.

In der Diskussion wurde aufgrund aktueller Forschungsergebnisse auch das Thema aufgegriffen, ob KI-Modelle sich irgendwann gegen eine Abschaltung wehren könnten. Der allgemeine Konsens war, dass dies als sehr unwahrscheinlich angesehen wird, aber letztendlich die KI-Anbieter dafür sorgen müssen, dass dieser Fall nicht eintritt.

Deutscher Anwaltstag 2025
Abb.: Der risikobasierte Ansatz der KI-Verordnung

2. Spielen Anwaltschaft und Legal Tech-Dienstleister auf einem Level Playing Field?

Gleich zu Beginn seines Vortrags korrigierte Prof. Dr. Thomas Mann den Titel – die eigentlich zu stellende Frage laute: „Sollten Anwaltschaft und Legal-Tech-Dienstleister auf einem Level Playing Field spielen?” Darüber wurde in den folgenden knapp zwei Stunden viel diskutiert und verschiedene Seiten angehört. Prof. Dr. Thomas Mann kam in seinem Vortrag zu dem Schluss, dass ein deutliches Ungleichgewicht zulasten der Anwaltschaft bestehe, das verfassungs- und unionsrechtlich bedenklich sei. Es sei weiterer Reformbedarf nötig, z. B. die Liberalisierung der Berufspflichten nach BRAO oder die Anhebung der Pflichten für Legal Tech-Dienstleister.

Dem widersprach im nächsten Vortrag Dr. Philipp Hammerich, Rechtsanwalt und Managing Partner beim Legal Tech-Anbieter rightmart. Seiner Meinung nach braucht es kein „Level Playing Field“, da Inkasso- und Rechtsdienstleistungen einen unterschiedlichen Fokus haben. Die Unabhängigkeit und Mandantenfokussierung der Anwaltschaft müsse bestehen bleiben.

In der Diskussion wurde die Frage in die Runde gestellt, was der Gesetzgeber nach dem bereits 2021 verabschiedeten Legal Tech-Gesetz als Nächstes angehen muss. Eine Anregung war die Einführung des Umgehungsverbots nach § 12 BORA auch für Inkassodienstleister.

3. Neue KI-Tools auf der AdvoTech

Der DAT bot Ausstellern wieder die Möglichkeit, sich auf der AdvoTech zu präsentieren. Neben den bekannten Softwareanbietern waren dort dieses Jahr auch einige Start-ups vertreten, die praktische KI-Lösungen entwickelt haben, so z. B. MaraDocs. MaraDocs ist ein Tool, das sich hauptsächlich an Kanzleien richtet, die viele Verbraucher:innen beraten und eine Vielzahl von Bilddateien erhalten, auf denen mehr oder weniger gut Dokumente abgebildet sind. MaraDocs erkennt und extrahiert diese Dokumente dann für die Weiterverarbeitung.

Ein weiteres spannendes KI-Tool ist „Frag Deine Akte“: Hierbei handelt es sich um eine KI-gestützte Dokumentenanalyse für Rechtsanwaltskanzleien. „Frag deine Akte” funktioniert wie ein intelligenter digitaler Assistent für die Dokumente der Kanzlei: Akten und Dokumente können einfach per Drag & Drop hochgeladen werden. Die KI analysiert dann den Inhalt automatisch und erkennt beispielsweise relevante Informationen wie Fristen, beteiligte Parteien und Kernaussagen.

Fazit: Legal Tech und KI sind keine Underdogs mehr

Legal Tech und KI waren zwar nicht das Hauptthema des Anwaltstags, aber Digitalisierungsthemen waren an vielen Stellen präsent, sowohl in den Vorträgen, als auch auf der AdvoTech. In den Diskussionen zeigte sich, wie groß der Bedarf nach klaren Regeln im Umgang mit KI ist. Gleichzeitig wird an immer mehr neuen Lösungen gearbeitet, die Kanzleien konkret im Alltag unterstützen können. Wer den Anschluss nicht verlieren will, sollte die Entwicklungen im Blick behalten – und spätestens im nächsten Jahr wieder beim DAT dabei sein.

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Verena Schillmöller ist beim FFI-Verlag in den Bereichen Produktmanagement und Redaktion tätig. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist der Bereich Legal Tech.

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