Cloud Computing

Cloud Computing als Turbo für die Anwaltschaft

Von Legal Tech - Die digitale Transformation der Anwaltskanzlei

Cloud Computing beschreibt ein Modell zur Speicherung, Nutzung und Verarbeitung von Daten über ein Netzwerk. Das Hauptmerkmal von Cloud Computing ist, dass sich die betreffenden Daten nicht mehr an einem lokalen Ort befinden – zum Beispiel auf dem eigenen Rechner –, sondern ausgelagert werden. Der Zugriff auf die Daten erfolgt über das Internet oder ein anderes, beispielsweise firmeninternes Netzwerk. Durch diese Möglichkeit der Auslagerung von Ressourcen eröffnet sich eine Vielzahl von praktischen Möglichkeiten.

Die drei Arten von Cloud Computing

 In den meisten Fällen können drei grundlegende Arten von Cloud Computing unterschieden werden:

  1. IaaS (Infrastructure as a Service) beschreibt das Zurverfügungstellen von IT-Infrastruktur, also Rechenleistung, Speicherkapazitäten und Netzwerken. Wenn ein Unternehmen diese Voraussetzungen nicht selbst erfüllen kann, stellen IaaS-Dienste gute Alternativen oder Ergänzungen dar. Aber nicht nur Unternehmen nutzen Cloud-Dienste mit IaaS-Geschäftsmodell. Auch Dropbox und Google Drive sind nichts anderes als Cloud-Dienste, die ihren Nutzern eine Server-Infrastruktur zur externen Lagerung von Daten anbieten.
  2. Darauf baut PaaS (Platform as a Service) auf. Hier werden ganze Softwareumgebungen über die Cloud nutzbar gemacht. Diese Umgebungen werden primär von Entwicklern genutzt, weshalb die Nutzungsmöglichkeiten für Nicht-Entwickler sehr begrenzt, weshalb Sie sich mit diesem Thema nicht näher auseinandersetzen müssen.
  3. Die dritte Stufe ist SaaS (Software as a Service), womit die Bereitstellung von fertiger, nutzbarer Software gemeint ist. Hier geht es darum, komplette Anwendungen, also fertige Software, über die Cloud bereitzustellen, wie die Cloud-Kanzleimanagement- Software Legalvisio oder der Dienst Office 365 von Microsoft. Im Gegensatz zu herkömmlicher Software muss bei SaaS nichts auf dem eigenen Computer installiert werden. Die cloudbasierten Kanzleisoftwares sind zumeist SaaS-Dienste. Sie können von überall und mit jedem Endgerät auf die Software zugreifen.

Vorteile der Cloud für Unternehmen

Für Unternehmen bedeutet die Auslagerung von Daten zunächst eine deutliche Einsparung von Kapazitäten auf mehreren Ebenen. Große unternehmensinterne Rechen- und IT-Zentren können eingespart werden.  Ein großer Vorteil von Cloud Computing ist, dass die Bereitstellung ebenso wie die anschließende Abrechnung bedarfsabhängig erfolgt. Somit entstehen dem Unternehmen lediglich laufende Kosten, große Investitionen in umfangreiche IT-Zentren entfallen komplett. Das bedeutet gleichzeitig bessere Organisationsmöglichkeiten und mehr Flexibilität.

Praktischer Nutzen für den Anwalt

„Alles schön und gut, aber was bringt mir das persönlich?“, werden sich jetzt sicherlich einige von Ihnen fragen. Zunächst einmal: Probieren Sie es doch einfach aus!

Einer der Vorteile von Cloud Computing ist der unschlagbar einfache Einstieg. In der Regel können Sie jederzeit interessante Cloud-Dienste testen, ohne irgendwelche Bindungen einzugehen. Weder benötigen Sie leistungsstarke Hardware noch spezielle Endgeräte. Ihre persönliche Arbeit profitiert in den Bereichen Mobilität und Flexibilität von Cloud Computing. Dadurch bieten sich Alternativen zu der klassischen Arbeit zu festen Zeiten in einem festen Büro. Home-Office beispielsweise profitiert enorm von Cloud-Lösungen. In Zeiten, in denen vor allem die jüngeren Generationen sehr viel Wert auf eine angenehme Work-Life-Balance legen, stellt das Home-Office auch für Kanzleien ein gutes Konzept dar, um für mehr Zufriedenheit der Mitarbeiter zu sorgen und sich als moderner, attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.

Vorteile von Cloud Computing

  • bedarfsabhängig skalierbar
  • keine bereits vorhandene IT-Infrastruktur notwendig
  • keine langwierigen Installationen oder Einweisungen erforderlich
  • nicht an bestimmte Endgeräte, Betriebssysteme oder Marken geknüpft
  • Internetverbindung als einzige Voraussetzung
  • hohe Kompatibilität mit anderen Diensten
  • ortsungebunden
  • ermöglicht flexibles Arbeiten
  • Zusammenarbeit mit Kollegen auch über große Entfernungen
  • nie mehr Mangel an IT-Ressourcen
  • mehr Innovationsfreudigkeit
  • Schutz vor Systemausfall und Datenverlust
  • unproblematisch auszutesten und einfach zu kündigen
  • keine langen Vertragslaufzeiten bei Cloud-Diensten
  • keine langfristige Bindungen, schnelle Wechsel zwischen Diensten möglich
  • Unternehmen sind unabhängiger in ihren IT-Entscheidungen
  • kein Ende in Sicht; immer mehr Unternehmen setzen auf Cloud Computing.
  • Datenschutz ist ein zentrales Konzept moderner Cloud-Anwendungen.

Besondere Anforderungen an Cloud-Lösungen in Kanzleien

Sollten Sie mit dem Gedanken spielen, Cloud-Dienste in Ihrer Kanzlei einzusetzen, müssen Sie ein paar Dinge beachten. Die einen sind eher praktischer, die anderen rechtlicher Natur. Beginnen wir mit Letzteren, da sich aus den rechtlichen Anforderungen einige Folgen für die Praxis ergeben. Sie verarbeiten in Ihrer Kanzlei durchgehend personenbezogene Daten fremder Menschen. Dabei treffen Sie zum einen datenschutzrechtliche, zum anderen aber auch berufsrechtliche Pflichten, wie zum Beispiel die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht. Sie müssen also Ihren Mandanten gegenüber Sorge tragen, die Ihnen anvertrauten Daten sorgsam zu behandeln und vor einem unberechtigten Zugriff Dritter zu schützen. Wenn Sie sich bei Ihrer täglichen Arbeit technischer Hilfsmittel wie Cloud-Anwendungen bedienen, dann müssen Sie auch hier die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Regelungen gewährleisten können. Da Sie jedoch nur schwer mit jedem einzelnen Cloud-Hersteller über den korrekten Datenumgang reden oder gar individuelle Sonderregeln aushandeln können, stehen Sie vor einem Problem: Dürfen Sie Cloud- Dienste überhaupt nutzen? Die Antwort ist wie immer: Es kommt darauf an. Gerade als Rechtsanwalt sollten Sie Ihre datenschutz- und berufsrechtliche Verantwortung sehr ernst nehmen und Cloud-Dienste nach gewissen Kriterien auswählen. Wenn Sie bei der Verarbeitung von Daten – darunter fällt beispielsweise die Nutzung der E-Akte – einen externen Dienstleister einsetzen, handelt es sich um eine sogenannte Auftragsdatenverarbeitung. Voraussetzung ist dann der Abschluss eines Auftragsdatenverarbeitungs-Vertrags (ADV-Vertrags).

Datenschutz gewährleisten

ADV-Verträge werden meist von den Diensten selbst bereitgestellt und sind ein gutes Indiz dafür, wie vertrauenswürdig diese Dienste sind. Trotzdem sollten Sie sich diese Verträge einmal genauer ansehen und im Einzelnen überprüfen. Sollten Sie Bedenken hinsichtlich der Einhaltung europäischer Datenschutzstandards haben, lassen Sie besser die Finger von dem Dienst. Das könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn die Formulierungen sehr pauschal gehalten sind, Erläuterungen zu den technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen fehlen oder wenn nicht ersichtlich wird, in welchem Staat die Server stehen, auf denen die Daten abgespeichert werden. Wenn Sie sich bereits ein wenig genauer über die cloudbasierten Kanzleisoftwares informiert haben, werden Sie festgestellt haben, dass die Gewährleistung des Datenschutzes ein zentrales Element in der Werbung für diese Dienste einnimmt. In Europa und insbesondere in Deutschland wird sehr viel Wert auf Datenschutz gelegt, weshalb Cloud-Dienste sehr aktiv ihre jeweiligen Schutz-Konzepte herausstellen.

Auf Offline-Verfügbarkeit achten

Des Weiteren ist die Offline-Verfügbarkeit wichtig. Insbesondere eine E-Akte sollten Sie sich nicht anschaffen, wenn der Dienst ausschließlich über das Internet zu erreichen ist. Die Möglichkeit, Dokumente auch offline abspeichern und abrufen zu können, gibt Ihnen Sicherheit für das Szenario eines Internetausfalls. In diesem Zusammenhang müssen Sie unbedingt auf die Verfügbarkeit des Dienstes selbst achten! Werbesprüche wie »Garantierte 99 % Verfügbarkeit im Jahr« klingen gut, bedeuten aber nichts anderes, als dass Sie theoretisch mit jährlich dreieinhalb Tagen Systemausfall rechnen müssen. Bei einer Kanzleisoftware wäre das fatal. Wichtiger als derartige Werbungen sind daher vorgestellte Notfallkonzepte und Ausweichlösungen. Die Cloud-Lösung sollte eigenständig laufen, also nicht auf zusätzliche Software angewiesen sein. Dementsprechend sollte der Cloud-Dienst auf möglichst vielen Endgeräten einsatzfähig sein. Optimal ist der Zugriff über den Browser, was selbst mit Smartphone und Tablet ohne Weiteres möglich ist. Schließlich bedarf die Software regelmäßiger Updates und ständiger Wartung, was in der Regel von dem Anbieter selbst übernommen wird.

Praxishinweis: Worauf sollten Sie bei Cloud-Diensten achten?

  • Informationen zum Datenschutz auf der Website
  • Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung
  • Standort der Server
  • keine Drosselung der Internetgeschwindigkeit
  • kurze Kündigungsfristen
  • hohe Verfügbarkeit
  • einfache Synchronisation und Offline-Verfügbarkeit
  • herstellerseitige und regelmäßige Updates
  • Verfahren bei Systemausfall
  • hohe Kompatibilität

Cloud-Lösungen für jeden Anwendungsbereich

Nun wollen wir noch einige Cloud-Lösungen vorstellen, mit denen wir gute Erfahrungen gemacht haben. Zögern Sie nicht, darüber hinaus auf eigene Faust nach nützlichen Cloud-Diensten zu suchen. Cloud Computing boomt – regelmäßig kommen neue vielversprechende Services auf den Markt.

Google G-Suite

Hinter dem Begriff Google G-Suite verbirgt sich nicht nur eine, sondern gleich eine ganze Reihe von Cloud-Softwares, von denen Sie einige, wie Google Drive, Google Mail, sicherlich bereits kennen. Mit Google Documents können Texte, Tabellen und Präsentationen unmittelbar in der Cloud erstellt und bearbeitet werden. Das ist insbesondere dann hilfreich, wenn Sie unterwegs sind und die Zeit sinnvoll nutzen wollen. Die G-Suite funktioniert auf den meisten Smartphones und Tablets. So können Sie jederzeit da weitermachen, wo Sie an Ihrem Schreibtisch aufgehört haben. Davon abgesehen eignet sich das Softwarepaket der G-Suite dazu, verschiedene Dateiformate auf Ihren mobilen Endgeräten anzeigen zu können. Solange Sie an Ihrem regulären Computer oder Laptop arbeiten, ist nicht einmal eine Installation erforderlich: Alles läuft einwandfrei über den Webbrowser.

Ein wenig problematisch ist leider der Datenschutz. Insbesondere Berufsgeheimnisträger wie Rechtsanwälte sollten Google G-Suite nicht unbedacht einsetzen. Mittlerweile bietet Google gesonderte DSGVO-konforme Vertragsklauseln für Unternehmen in der EU an. Hierfür ist unter Umständen eine spezielle Konfiguration des Google-Kontos erforderlich. Daher empfehlen wir vor Einsatz der G-Suite in der Kanzlei eine Lektüre der aktuellen Datenschutzinformationen auf den Seiten:

Mit Blick auf die vielen Datenskandale großer Internetkonzerne in der jüngsten Vergangenheit sollten Sie sich regelmäßig über datenschutzrechtlich relevante Ereignisse informieren.

TeamDrive

Einen besonderen Fokus auf die Sicherheit Ihrer Daten legt der Cloud-Speicher TeamDrive. Die Server stehen in Deutschland, sind zertifiziert und die Synchronisation der Daten erfolgt verschlüsselt. Diese hohen Sicherheitsstandards bewirbt der Anbieter nicht ohne Grund: Zielgruppe der Cloud sind unter anderem Berufsgeheimnisträger. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass der Deutsche Anwaltverein (DAV) eine offizielle Kooperation mit TeamDrive eingegangen ist und seinen Mitgliedern entsprechende Vergünstigungen anbietet. Derartige Sicherheitsstandards können bei vielen Mandanten einen großen Pluspunkt darstellen. Sie müssen keine Fragen vermeintlich übervorsichtiger Mandanten oder Geschäftspartner fürchten, sondern können aktiv damit werben, dass Sie von sich aus Wert auf dieses sensible Thema legen.

WebMerge

WebMerge ist ein nützlicher Service zum professionellen und automatisierten Zusammenfügen und Optimieren von Dokumenten. Der Dienst ist dann interessant, wenn Sie viele verschiedene Dokumente erstellen und versenden, diese aber in einem einheitlichen Design halten wollen. WebMerge nutzt von Ihnen erstellte Vorlagen, um diese Dokumente entsprechend einheitlich anzupassen. Rechnungen, Verträge, Schriftsätze und viele weitere Schreiben können mit WebMerge erstellt, einheitlich designt und immer wieder verwendet werden. Mit WebMerge können Sie den Verarbeitungsprozess zwischen Dokumentenerstellung und -versand komplett automatisieren.

Weitere Dienste

Microsoft Office 365 sollte sich jeder einmal genauer angesehen haben. Mit den Microsoft Office-Lösungen wie Word und PowerPoint werden Sie sowieso bereits Erfahrung haben – warum also nicht auch einmal die Cloud ausprobieren?

Eine absolute Empfehlung gilt auch der Nextcloud. Falls Sie einen Cloud-Speicher suchen, aber Bedenken bezüglich des Datenschutzes haben, ist Nextcloud die ideale Lösung. Für IT-Interessierte bieten sich hier zudem viele Möglichkeiten für Experimente. Allerdings erfordert eine umfassende Nutzung der Nextcloud wiederum eine ausreichende IT-Infrastruktur im Unternehmen. Falls Sie lieber eine sofort einsetzbare Komplettlösung bevorzugen, dann ist die TeamDrive-Cloud eher für Sie geeignet. Mit zunehmender Größe einer Kanzlei, vor allem wenn die Kanzlei sowieso über ein eigenes IT-Team verfügt, ist die Nextcloud jedoch aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten zur individuellen Anpassung besser geeignet.

Foto: Abobe Stock/BillionPhotos.com
Weitere Beiträge

Seit Anfang 2019 gibt es das Buch Legal Tech – Die digitale Transformation in der Anwaltskanzlei. Verfasst wurde es von den Autoren Christian Solmecke, Dr. Petra Arends-Paltzer und Robin Schmitt. Das 500 Seiten umfassende Werk ist in fünf Teile und 17 Kapitel gegliedert und liefert praktische Hinweise zur Nutzung von Legal Tech in der Anwaltskanzlei.

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