Cloudsoftware

Mobil und vernetzt arbeiten mit der Cloud – Interview mit Dr. Michael Schäfer der dokSAFE GmbH

Von Dr. Michael Schäfer

Das mobile Arbeiten wird aufgrund der Coronakrise in immer mehr Kanzleien thematisiert. Im Interview mit legal-tech.de erklärt Dr. Michael Schäfer, Geschäftsführer der dokSAFE GmbH, welche Arten der Homeoffice-Arbeit technisch möglich sind, ob Datenschutzbedenken bei Cloudlösungen gerechtfertigt sind und wie ein Software-Wechsel optimal vollzogen werden kann.

Herr Dr. Schäfer, gerade in Zeiten von Corona wird das mobile Arbeiten für die meisten Kanzleien immer wichtiger. Was sind die entscheidenden digitalen Hilfsmittel, die eine Kanzlei benötigt, um erfolgreich von überall aus arbeiten zu können?

Es gibt im Wesentlichen drei Arten, mit einer Kanzleisoftware aus dem Homeoffice zu arbeiten. Die erste besteht darin, den Heimarbeitsplatz über ein sogenanntes VPN anzuschließen. Hierzu wird über einen virtuellen Tunnel eine Verbindung zwischen dem Rechner im Homeoffice und dem Server im Büro aufgebaut. Die zweite Möglichkeit besteht darin, den Desktop im Büro über eine spezielle Software von Zuhause aus fernzusteuern. Und die dritte Variante ist der Einsatz einer cloud-basierten Software, bei der die Arbeit immer über einen Browser erfolgt. Hier bedarf es keiner Installation – weder eines Servers noch eines Clients. Sie können dann von jedem beliebigen Rechner überall auf der Welt mit Ihrer Software arbeiten.

Es führen also viele Wege nach Rom bzw. ins Homeoffice. Was allen nicht-cloudbasierten Lösungen aber mehr oder weniger gemeinsam ist: Sie erhöhen den betriebenen Aufwand. Ist es wirklich sinnvoll, dass ein Rechner als Client im Büro oder auch in einem Rechenzentrum läuft, um dann bei Bedarf ferngesteuert zu werden? Muss es wirklich sein, dass vor jedem Arbeiten mit der Kanzleisoftware erst ein VPN-Client gestartet wird, der dann zusätzliche Performance bei der Datenübertragung benötigt? Gegen solche Lösungen spricht ja nicht nur, dass sie wegen der vielen Komponenten fehleranfälliger und langsamer sind – sie sind auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten sehr kritisch zu betrachten.

Sie bezeichnen Ihre Kanzleisoftware „Actaport“ als die einzige echte Cloud-Software am Markt. Was unterscheidet Actaport von anderen Anbietern von Cloud-Kanzleisoftware?

Der Begriff Cloud ist nicht geschützt und daher gibt es zurzeit am Markt sehr unterschiedliche Lösungen, die sich alle mit diesem Begriff schmücken. Der Marktführer für Kanzleisoftware z. B. bietet eine Virtualisierungslösung als „Cloud“ an. Andere Anbieter speichern zwar die Daten der Anwendung auf einem zentralen Server in der Cloud, benötigen aber nach wie vor eine spezielle Client-Software und sind damit auch an ein Betriebssystem gebunden. Allen diesen Lösungen ist gemeinsam, dass sie die Infrastruktur der Gesamtlösung nicht grundlegend vereinfachen; Virtualisierungslösungen machen sie sogar explizit komplexer.

Bei ACTAPORT gehen wir noch einen Schritt weiter. Unser Ziel war es von Beginn an, dass dem Anwender alle benötigten Funktionen an einer Stelle, im Browser, zur Verfügung stehen. Das schließt auch die Textverarbeitung, das Bearbeiten von PDF-Dateien und das Handling von E-Mails mit ein. Nur so wird Kanzlei-IT wirklich einfach, weil nichts mehr installiert werden muss und jeder Rechner der Welt grundsätzlich alles hat, um sofort mit der Arbeit beginnen zu können. Das ist echte Cloud und diese Vision verfolgen – soweit ich das sehe – bisher nur wir.

Der Vorteil einer solchen integrativen Lösung besteht ja nicht nur darin, dass ich sozusagen alles, was ich für die Arbeit benötige, „an einem Platz“ habe. Es entfällt auch der ganze Ärger mit der Installation und dem Update verschiedenster Plug-ins, ob nun für Outlook, Word oder andere Programme. Durchgängige Arbeitsabläufe und Workflows über die verschiedenen Werkzeuge, Funktionen und Tools hinweg abzubilden, ist viel einfacher, wenn daran nicht eine Vielzahl von Programmen beteiligt sind, die eigentlich nicht füreinander gemacht und aufeinander abgestimmt sind.

Hinzu kommt noch der wesentliche Aspekt, dass sich die Anzahl der eingesetzten Lösungen im Kontext von Legal Tech in der Zukunft deutlich erhöhen wird. Software-as-a-Service-Lösungen sind von vornherein darauf ausgelegt, über eine einheitliche Schnittstellen-Technologie (sog. REST-APIs) miteinander zu kommunizieren. Wer also in Zukunft möglichst einfach verschiedenste, teilweise sehr spezialisierte Legal Tech-Lösungen nutzen und mit seiner Kanzleisoftware verbinden möchte, der ist mit einer echten Cloud-Lösung auf der sicheren Seite, da diese den Ausbau zu einer Legal Tech-Plattform sozusagen in der DNA hat.

Im Hinblick auf die Cloud herrscht teilweise noch Skepsis in der Anwaltschaft, vor allem bzgl. der Datensicherheit. Ist diese begründet und worauf sollte ich bei der Wahl der Cloudsoftware achten, um keine Sicherheitsrisiken einzugehen?

Grundsätzlich sollte jedem klar sein, dass die Sicherheit sowohl gegen physische als auch virtuelle Einbrüche in den großen Rechenzentren immer höher ist als bei lokalen Installationen. Das gilt für Zugangskontrollen, Firewall-Technologie, Ausfallsicherheit durch georedundante Speicherung, Backups etc. Die Vorstellung, dass Daten auf einem Kanzleiserver sicherer wären als in einem hochprofessionellen Rechenzentrum, hält keiner ernsthaften Überprüfung stand.

Darüber hinaus gilt es, die rechtlichen Vorgaben einzuhalten: DSGVO-Konformität, Serverstandorte in Deutschland, Vereinbarungen zur Auftragsverarbeitung etc.

Anwälte sollten darüber hinaus darauf achten, dass ihr Berufsgeheimnis immer gewahrt werden kann. Das setzt z. B. voraus, dass die letzte Verschlüsselungsebene von Daten von einem deutschen Unternehmen kontrolliert wird, das von keinem ausländischen Gericht zur Herausgabe von Daten gezwungen werden kann.

Den Wechsel von einer Kanzleisoftware zu einer anderen scheuen viele Anwältinnen und Anwälte. Wie gelingt der Wechsel der Kanzleisoftware einschließlich all meiner Daten und Akten?

Es ist in der Tat eine weitverbreitete Unsitte, dass die Hersteller von Fachsoftware ihre Kunden durch möglichst hohe Hürden beim Export der Daten von einem Wechsel abhalten wollen. Ich habe schon von Fällen gehört, in denen für die „Herausgabe der Daten“ fünfstellige Beträge aufgerufen wurden. Als ob die Daten dem Hersteller und nicht der Kanzlei gehören würden!

Gegen solche „Geschäftsmodelle“ sichert man sich am besten ab, indem man diese Frage bereits bei Vertragsabschluss klärt. Die legitime Forderung des Kunden muss hier lauten: Ich bekomme bei Vertragsende ALLE meine Daten in einem STANDARD-Format KOSTENLOS zur Verfügung gestellt. Und vielleicht wären auch die Standesorganisationen gut beraten, für den Datenimport und -export einen Standard zu definieren, an den sich dann alle Hersteller zu halten haben.

Beim konkreten Wechsel hängt sehr viel von der Strategie der Datenmigration ab. Welche Daten brauche ich wirklich im neuen System? Was kann ich eventuell im Altsystem tun, um die Datengüte zu erhöhen? Besteht die Möglichkeit, nur die aktiven Akten zu migrieren und die Ablage auf einer kostengünstigen Nur-Lese-Version meiner bisherigen Software weiter zur Verfügung zu haben? Nach unserer Erfahrung findet sich hier immer eine intelligente Lösung.

Jenseits der technischen Seite eines Wechsels der Kanzleisoftware gibt es natürlich noch den organisatorischen Teil. Hier sollte die Kanzlei darauf achten, dass mit der neuen Lösung auch hinreichend Unterstützungsleistungen (Systemeinrichtung, Schulung etc.) verbunden sind, damit die Einführung nicht aufgrund vermeidbarer Konfigurations- oder Bedienungsprobleme zu Frustrationen und Effizienzverlusten führt.

Foto: Adobe.Stock/©ipopba
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Dr. Michael Schäfer ist Geschäftsführer der Leipziger dokSAFE GmbH, dem Hersteller der Kanzleisoftware ACTAPORT. Er ist seit 15 Jahren im Bereich „IT-Lösungen in der Justiz“ tätig, zuletzt als Vorstandsvorsitzender der Westernacher Solutions AG in Berlin.

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