Von Anne Lachmund
Im Rahmen der Kanzleigründung beschäftigen sich viele Anwält:innen mit Themen der Kanzleiorganisation. Wer nicht das klassische Setup wählt, fragt sich dabei sicherlich an irgendeinem Punkt, ob eine moderne Kanzlei auch ohne Vorzimmer auskommen kann. Das kann zum Beispiel mithilfe von Legal Tech-Lösungen zur Workflow-Automatisierung funktionieren. Anne Lachmund arbeitet als Einzelanwältin im Arbeitsrecht und berichtet in diesem Beitrag von ihren Erfahrungen.
Warum ich mich für Workflow-Automatisierung entschieden habe
Im Frühjahr dieses Jahres habe ich meine eigene digitale Kanzlei für Arbeitsrecht „Lachmund Law“ gegründet. Zwei Aspekte waren für mich bei der Kanzleigründung wesentlich: Ich wollte absolute Freiheit und Flexibilität und wo möglich, auf Automatisierung und Digitalisierung setzen.
Mit dem von mir gewählten Setup bin ich in der Lage, ortsunabhängig zu arbeiten. Ich benötige im Prinzip nur meinen Laptop und eine stabile Internetverbindung. Auch auf Angestellte verzichte ich vollständig: Diese Arbeit übernimmt bei mir weitestgehend die Workflow-Automatisierung.
Was genau bedeutet Workflow-Automatisierung?
Unter Workflow-Automatisierung versteht man die automatische Ausführung von Arbeitsschritten durch Software. Hierbei können allgemeine Aufgaben wie „Zuordnung Posteingang“ oder „Mandatsanlage“ automatisiert werden. Genauso kann die Bearbeitung von Massenverfahren (z. B. in den Bereichen „Kündigungsschutzklage“) automatisiert werden.
Wie funktioniert Workflow-Automatisierung bei Lachmund Law?
Ich habe mich für eine Kombination aus etablierter Anwaltssoftware mit Schnittstelle zu einem auf meine Bedürfnisse abgestimmten Online-Formular entschieden. Bei der Anwaltssoftware fiel meine Wahl auf Advoware. Diese ist zwar optisch nicht so ansprechend wie neuere Softwareprodukte auf dem Markt und die User Experience entspricht auch nicht ganz meinen Vorstellungen, aber im Gegensatz zu den neueren Softwareprodukten hat mich hier die Funktionalität überzeugt. Advoware liefert Schnittstellen zu drebis (um mit Rechtsschutzversicherungen zu kommunizieren), beA, ePost, Elster, OnlineAkte etc. und verfügt über eine eigene Mandanten- und Finanzbuchhaltung. Außerdem lassen sich viele Abläufe rund um die Erstellung von Schriftstücken bereits innerhalb Advoware automatisieren. Zusätzlich habe ich mit dem Softwareunternehmen 42DBS/ShakeSpeare® Software eine Schnittstelle zu Advoware in Form eines Online-Formulars entwickelt, über welches meine Mandant:innen ihre Daten eingeben können.
Im Einzelnen gliedert sich die Mandatsannahme und -bearbeitung folgendermaßen:
- Die meisten Mandant:innen kontaktieren mich über das Kontaktformular auf meiner Homepage lachmund-law.de oder melden sich telefonisch.
- Wenn das Erstgespräch positiv verlaufen ist, bekommen sie eine E-Mail mit Link zur Dateneingabe für das Online-Formular. Dort geben sie dann die zur Fallbearbeitung notwendigen Daten ein und können zusätzlich Dokumente hochladen.
- Anschließend können sie mich ganz formell durch Unterzeichnung einer Online-Vollmacht und Zustimmung zu meinen allgemeinen Mandatsbedingungen beauftragen.
- Aus den Daten erstellt Shakespeare im Anschluss z. B. eine Kündigungsschutzklage und übermittelt alle Daten und Dokumente über die Schnittstelle an meine Anwaltssoftware.
- In meiner Anwaltssoftware wird sodann eine neue Akte angelegt und alle übermittelten Dokumente in der Akte abgelegt.
- Auch die weiteren Prozesse um die Versendung der Schriftstücke (bspw. über das beA) lassen sich in Advoware automatisieren, sodass ich am Ende quasi nur noch den Knopf drücken muss.
Was sind die Vor- und Nachteile?
Die Workflow-Automatisierung ersetzt bei Lachmund Law große Teile der Arbeit einer Schreibkraft und spart mir dadurch Zeit und Kosten. Von der insoweit gewonnenen Zeit profitieren in erster Linie meine Mandant:innen, für deren Betreuung ich mehr Zeit habe. Gerade im Arbeitsrecht spielen Emotionen oder Ängste eine große Rolle, die im hektischen Alltag eines Anwalts bzw. einer Anwältin sonst oft untergehen. Zudem lassen sich gute Ergebnisse häufig nur nach mehreren taktischen Verhandlungsrunden mit der Gegenseite erzielen. Allerdings eignet sich nicht jeder Sachverhalt für die Workflow-Automatisierung, sondern in erster Linie solche mit hohem Standardisierungspotenzial (z. B. Kündigungsschutzklagen). In allen anderen Fällen ersetzt die Workflow-Automatisierung aber zumindest die Mandats- und Aktenanlage.
Wie geht es nach der Workflow-Automatisierung weiter?
Im Rahmen meiner Kanzleiorganisation war die Workflow-Automatisierung für mich eine absolute Grundvoraussetzung. Mit dem derzeitigen Setup bin ich sicherlich noch nicht am Ende angekommen. Es liegt in meiner Natur, stets zu hinterfragen, ob es noch irgendwie besser bzw. effizienter geht. Ich verfolge deswegen alle Neuerungen im Bereich Legal Tech mit großem Interesse. Irgendwann möchte ich selbst programmieren lernen, damit ich mir zukünftig meine eigenen Workflows kreieren kann.
Foto: Adobe Stock/Tierney
Vor der Gründung von Lachmund Law hat Rechtsanwältin Anne Lachmund lange Jahre in der Praxisgruppe Arbeitsrecht/Pensions in einer großen Wirtschaftskanzlei gearbeitet. Anschließend war sie als Inhouse-Anwältin im Headquarter eines Großkonzerns für den Bereich Pensions verantwortlich. Dort hat sie ihre Liebe zu Digitalisierungsthemen entdeckt.