Anwälte Tools

Was können Anwältinnen und Anwälte heute alles mobil erledigen? Vier nützliche Tools im Überblick

Von Tianyu Yuan Alexandra Milena Stojek

Ob bei Gericht oder während Zugfahrten: Anwältinnen und Anwälte haben heute durch eine Vielzahl an Tools die Möglichkeit, flexibler zu arbeiten. Aber macht es immer Sinn, die neuesten Tools zu nutzen? Es kommt darauf an. Manche Tools eignen sich eher als Ergänzung zur Arbeit in der Kanzlei – andere bieten auch mobil einen echten Mehrwert. Dieser Beitrag stellt vier nützliche und bewährte Apps und Tools aus den Bereichen Gesetze, Abrechnung, Wissensmanagement und Zeiterfassung vor – und klärt darüber auf, worauf Anwältinnen und Anwälte bei der Auswahl von Apps (Stichwort: Workflow) achten sollten.

GESETZE

Gesetze.io: Die wichtigsten Gesetze immer dabei haben – auf dem Smartphone, Tablet oder Laptop

Gesetze.io ist eine App für Gesetze, mit der komfortabel auf allen Mobilgeräten gearbeitet werden kann. Besonders nützlich ist sie nicht nur wegen des Umfangs der Gesetze, sondern insbesondere durch die auf die juristische Arbeitsweise optimierte Bedienung. Bundesweit wird die App bereits von über 50.000 Jurist:innen in Ausbildung und Berufspraxis genutzt.

Offline auf Bundesrecht, Landesrecht und Europarecht zugreifen

Die App liefert eine beeindruckende Auswahl der wichtigsten Gesetze des Bundesrechts, Landesrechts und des Europarechts. Mit Gesetzen aus dem Zivilrecht, Strafrecht und Öffentlichen Recht deckt sie über 30 praxisrelevante Rechtsgebiete materiellrechtlich und prozessrechtlich ab. Eine Besonderheit der App besteht darin, dass die Gesetze auch ohne Internetverbindung genutzt werden können.

Gesetze.io ermöglicht zudem das gleichzeitige Arbeiten in mehreren Gesetzen, zwischen denen schnell gewechselt werden kann. Die App merkt sich dabei, an welcher Stelle die jeweiligen Gesetze aufgeschlagen wurden und führt automatisch an diese Stelle zurück, wenn das Gesetz erneut aufgerufen wird.

Auch innerhalb umfangreicher Gesetze wie dem BGB oder der ZPO können mit gesetze.io Normen angesteuert werden. Dafür liefert die App eine Navigationsleiste, mit der einzelne Normen schnell ausgewählt oder über eine Suchfunktion gefunden werden können. Zur Suchfunktion gehört auch eine Volltextsuche, die entweder im geöffneten Gesetz selbst oder über alle Gesetze hinweg ausgeführt werden kann.

Besonders nützlich ist, dass die App bei einer Norm Querverweise zu anderen Normen enthält, die sich auch an Ort und Stelle öffnen lassen, sodass beide Normen im Zusammenhang gelesen werden können.

Personalisierung durch Handakte und Notizen

Registriert man sich bei gesetze.io mit einem Account, lassen sich besondere Funktionen nutzen, die über alle Geräte synchronisiert werden, die mit dem Account verbunden sind. Dazu gehört eine Handakte, in der Normen aus unterschiedlichen Gesetzen zusammengefasst werden können und eine Notizfunktion, mit der Notizen an Normen angebracht und auch mit anderen Normen verlinkt werden können. Mit der Handakte lassen sich in der App alle für eine Sitzung relevanten Vorschriften bündeln – die Notizfunktion kann der eigenen Wissensverwaltung dienen.

Kostenfrei in App-Stores laden und als Web-App nutzen

gesetze.io lässt sich kostenfrei für Android-Handys im Google Play Store und für iPhones im App Store herunterladen. Für Computer und Laptops lässt sie sich als Browser-App über https://gesetze.io/ mit Microsoft Edge oder Google Chrome nutzen. Neben Gesetzen enthält die App auch Karriere-Informationen zu juristischen Arbeitgebern und weitere juristische Inhalte, wie Zugriff auf den Fachinfo-Dienst MkG.

ABRECHNUNG

Wenn‘s schnell gehen muss: Die App „RVG-Rechner“

Eine weitere App, die das Anwaltsleben vereinfachen kann, ist der Prozesskostenrechner „RVG-Rechner“. In der App lassen sich Streitwert, Anzahl der Mandanten und Gegner anpassen und diverse andere gebührenrelevante Faktoren berücksichtigen, um so die Prozesskosten zu berechnen. Die Grundlage der Berechnung bildet mittlerweile das am 01.01.2021 in Kraft getretene Kostenrechtsänderungsgesetz („KostRÄG 2021“). Die einfache Handhabung der Benutzeroberfläche überzeugt und ist dank der schnörkellosen Gestaltung schön übersichtlich. Die Funktionen des Prozesskostenrechners sind noch ausbaufähig. So kann man bislang beispielsweise nicht nach Gebühren mit unterschiedlichen Gegenstandswerten differenzieren.

Kostenfrei erhältlich

Die App gibt es kostenlos im Google Play Store und im App Store von Apple. Prozesskostenrechner findet man zwar auch browserbasiert, dort besteht allerdings häufig das Problem der fehlenden „Mobile Usability“, was bedeutet, dass eine Website nicht für mobile Endgeräte optimiert ist. Dadurch kann es vorkommen, dass man sich umständlich durch die Website navigieren und gegebenenfalls Teile der Ansicht vergrößern muss, um den gewünschten Inhalt lesen zu können. Das nervt vor allem dann, wenn es schnell gehen muss, beispielsweise weil man im laufenden Gerichtstermin für seine Mandantschaft die Prozesskosten berechnen möchte. Wer es bequemer und schneller haben möchte, ist mit der Prozesskostenrechner-App gut bedient.

WISSENSMANAGEMENT

Codefy: Mit Legal Tech die eigene Arbeit mit komplexen Inhalten beschleunigen und überall auf die gesammelte Expertise zugreifen

Codefy ist ein Legal Tech-Tool für PC und Laptop, das nicht nur die Arbeit mit komplexen Mandaten beschleunigt, sondern es Jurist:innen auch erlaubt, komfortabel auf die gesammelte Expertise vergangener Mandate zuzugreifen. Insbesondere für umfangreiche Verfahren und bei Beteiligung mehrerer Kolleg:innen spart die Technologielösung viel Zeit.

Codefy liefert einen Workspace für alle Texte, mit denen Sie arbeiten. Egal, ob eingescannte Dokumente, PDFs, Word, PowerPoint oder E-Mails mit Anhängen: Codefy verarbeitet alle Textinhalte und ermöglicht ein reibungsloses Arbeiten auf einer Oberfläche, die für juristische Arbeitseffizienz optimiert ist. Das Tool hilft Jurist:innen überall dort, wo es darauf ankommt, komplexe Inhalte schnell und sicher zu beherrschen oder relevante Informationen zügig wiederzufinden. Alle Inhalte können in Codefy über Ordner und Akten flexibel organisiert werden.

Das Programm, unterstützt Jurist:innen beim Lesen und Verstehen von Inhalten: Dies geschieht im Wesentlichen durch sog. Content-Tags, mit denen Textstellen aus verschiedenen Dokumenten zusammengefasst und damit schnell und komfortabel wieder aufgerufen werden können. Die Content-Tags lassen sich in Codefy organisieren und anordnen, sodass durch sie z. B. juristische Prüfungsschemata abgebildet werden können. Gerade bei umfangreichen und komplexen Verfahren ermöglicht Codefy eine einfache und schnelle Strukturierung des Prozessstoffes.

Flexibel auf die gesammelte Expertise zugreifen

Ein besonders nützliches Merkmal von Codefy ist die Suchfunktion: Im Gegensatz zu herkömmlichen Suchfunktionen zeigt die Codefy-Suche sofort die relevanten Textstellen auf, mit denen sogleich gearbeitet werden kann, ohne dass Nutzer:innen darauf angewiesen sind, sich durch viele Dokumente zu klicken.

Der Suchbereich lässt sich sowohl auf einzelne Dokumente, Ordner und Akten beschränken, als auch auf den gesamten Codefy-Datenbestand ausdehnen.

Effizient zusammenarbeiten mit Projektmanagement-Funktionen

Außerdem verfügt Codefy über Projektmanagement-Funktionen, die gerade die Arbeit in Team-Konstellationen beschleunigen. Durch Codefy können nicht nur Aufgaben zugewiesen, sondern auch Bearbeitungsstände dokumentiert werden. Fragen, die im Zusammenhang mit Inhalten auftauchen, können über eine integrierte Kommentarfunktion gestellt werden.

Software as a Service (SaaS) in der Cloud oder On-Prem

Für kleinere Kanzleien lässt sich Codefy als Cloud-Lösung verwenden. Die Cloud-Lösung wird ausschließlich in deutschen Rechenzentren eines führenden deutschen Anbieters betrieben und die Ausfallsicherheit und der Datenschutz werden gewährleistet. Für größere Sozietäten bietet Codefy die Möglichkeit, die Lösung On-Prem auf der kanzlei-eigenen Serverinfrastruktur zu installieren. Die monatlichen Kosten von Codefy sind im Wesentlichen davon abhängig, wie viele Lizenzen bezogen werden und ob eine Einrichtung On-Prem gewünscht ist.

ZEITERFASSUNG

Mehr Honorar Dank der Zeiterfassungs-App clocko:do

Apropos Kosten: Wussten Sie, dass durchschnittlich bis zu 30 Prozent der Zeit vergessen wird, die man für die Bearbeitung eines Mandats aufwendet? Dies ergab eine Studie der Harvard Business Review, die außerdem – wenig überraschend – feststellte, dass noch mehr Zeit vergessen wird, je länger diese zurückliegt. Wer seine Arbeitszeit nach Vergütungsvereinbarung abrechnet, aber nur ungenau seine Zeit erfasst, verliert also bares Geld.

App dokumentiert Arbeitszeit minutengenau

Erleichterung verschafft hier die App „clocko:do“. Mit der Zeiterfassungs-App für Android- und iOS-Smartphones kann die Arbeitszeit minutengenau dokumentiert werden – und man erspart sich das mühsame nachträgliche Rekonstruieren seiner Arbeitszeiten. Die Zeiteinträge können als abrechenbare Leistung oder nichtabrechenbare Tätigkeit separat nach Mandat und Aufgabe erfasst werden. Einige Funktionen, wie die Stoppuhr oder der Abruf der Arbeitszeitlisten, können auch ohne Internetverbindung genutzt werden. So kann die App bei Gericht, beim Mandanten vor Ort oder auch auf Zugreisen mit miserabler Netzabdeckung verwendet werden.

Auch für Windows und Mac verfügbar

Clocko:do gibt es außerdem als Software für Windows und Mac und hält in diesen Versionen noch mehr Funktionen bereit. So sind die gestoppten Zeiten jederzeit auch für Kanzleimitarbeitende verfügbar. Die Arbeitszeiten können außerdem ausgewertet werden. Anschließend lassen sich automatisch Berichte erzeugen, wobei neu erfasste Zeiteinträge automatisch mit den Berichten synchronisiert werden. Funfact für die Anwaltschaft: Die Arbeitszeiterfassung von clocko:do zeigt sogar Überstunden an und ob die Kanzleiangestellten die Höchstarbeitszeiten einhalten. Durch die erleichterte Zeiterfassung verhilft clocko:do zu mehr abrechenbaren Stunden und damit zu mehr Honorar.

Nach einer kostenfreien 14-tägigen Testphase belaufen sich die Kosten je nach Tarif auf 4 bis 12 Euro pro Monat (pro Benutzer:in). Ab 20 Nutzer:innen erstellt das Unternehmen gerne ein individuelles Angebot.

Apps als Einstieg in die Legal Tech-Welt

Die beschriebenen Apps zeigen, wie Software den Arbeitsalltag erleichtern kann. Das Beispiel Codefy demonstriert anschaulich, wie intelligent und mächtig mache Anwendungen bereits sind.

Wer dem Ziel vom orts- und zeitunabhängigen Arbeiten näherkommen möchte, sollte jedoch stets die sinnvolle Integration einer Anwendung in die täglichen Arbeitsprozesse bedenken, um den Workflow zu optimieren. Denn auch hier gilt das Zitat von Thorsten Dirks, CEO der Téléfonica Deutschland: „Wenn Sie einen Sch***prozess digitalisieren, dann haben Sie einen sch*** digitalen Prozess“.

Um das Potenzial zu erkennen und die Einsatzmöglichkeiten für die eigene Arbeit ausloten zu können, hilft es, sich einzelne Prozessschritte juristischer Arbeit zu verdeutlichen. Auf diese Weise lässt sich analysieren, welche – insbesondere repetitiven – Tätigkeiten durch den Einsatz von Software optimiert werden können. Dabei wird es vermutlich nicht die eine Lösung für Ihre Bedürfnisse und die der Kanzlei geben. Vielmehr geht es darum, sich die passenden Lösungen zusammenzustellen. Von geeigneten Endgeräten über praktische Apps hin zu smarten Legal Tech-Anwendungen, die das Kerngeschäft unterstützen: Entscheidend ist das Zusammenspiel von mobilen Endgeräten und der Kanzlei-IT, vor allem aber auch das passende Mindset. Inspiration dazu finden Sie im Austausch mit Kolleg:innen oder auch hier auf legal-tech.de.

Foto: Adobe Stock/Farknot Architec
Weitere Beiträge

RA Tianyu Yuan studierte Robotik und Rechtswissenschaft. Als Jurist war er für mehrere führende internationale Wirtschaftssozietäten in Europa und Asien tätig. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer des Legal Tech-Startups LEX superior und des Technologie-Startups Codefy. Als Dozent der Zusatzqualifikation „Legal Tech“ bildet er in Baden-Württemberg Rechtsreferendare aus.

Weitere Beiträge

Alexandra Milena Stojek, LL.M. ist Fachanwältin für IT-Recht, Syndikusanwältin des Deep-Tech-AI-Start-ups thingsTHINKING GmbH und Gebietsleiterin der Arbeitsgemeinschaft IT-Recht des Deutschen Anwaltvereins für den Südwesten. Darüber hinaus beschäftigt sie sich als Referentin und Autorin mit dem Thema Digitalisierung juristischer Arbeit.

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