Von Maximilian Block
Der Rechtsmarkt kommt in Bewegung. Digitale Branchentechnologien fangen an zu wirken – vor allem beim Verbraucher. Doch auch die Anwaltschaft holt auf. Laut einer 2018 von PwC durchgeführten Umfrage unter Anwaltskanzleien glauben die zehn größten, dass Technologien in den nächsten Jahren die bedeutendste Herausforderung für die Branche darstellen. Doch nur wer diese Branchenveränderungen begrüßt, wird von ihnen profitieren. Erfahren Sie hier, auf welche Grundsätze es dabei ankommt.
Mandanten im Fokus: Legal Tech erfüllt Bedürfnisse
Verbraucher wissen inzwischen um die Vorteile neuer, mandantenorientierter Legal Tech-Angebote. Durch ergebnisorientierten Service, überschaubare Kosten und einen barrierearmen Zugang zum Recht binden digitale Rechtsdienstleister ihre Kunden verhältnismäßig einfach. Damit zwingen sie Anwaltskanzleien zu einem Paradigmenwechsel. Doch der gelingt nicht von heute auf morgen. Neues und Ungewohntes schürt beim Menschen naturgemäß Ängste – so auch bei Anwältinnen und Anwälten. Diese gilt es, abzubauen und durch „Brücken“ zu ersetzen – zwischen der Technologie und der Anwaltschaft. Wie kann dies gelingen?
Legal Tech-Angebote bauen Verbraucherbedenken ab
Grundlage eines solchen „Brückenbaus“ kann das Verständnis für den Mandanten als Verbraucher sein. Dieser sucht zunächst nach einer einfachen Lösung für sein Rechtsproblem – und findet sie in der digitalen Welt. Legal Tech bietet inzwischen eine Bandbreite an unterschiedlichen Dienstleistungen – von der einfachen Rechtsberatung bis hin zur kompletten Fallabwicklung. Mit ihrem Angebot hat die junge Branche mit verbraucherseitigen Hemmnissen gebrochen, die der traditionelle Rechtsmarkt bis heute routiniert pflegt: Angst vor höheren Sofortkosten, Unsicherheit bei der Anwaltssuche und Bedenken zur Relevanz ihrer Rechtsprobleme. Vor allem in alltäglichen Belangen nehmen Verbraucher ihre Rechte oft nicht wahr – sei es die Anfechtung von Stromabrechnungen oder Ärger mit dem Handwerker. Oft scheinen diese Sachen nicht „groß“ genug, um dagegen per Rechtsbeistand vorzugehen. Kein Wunder, dass Verbraucher hier digitale Rechtsberatung häufig vorziehen. Anwältinnen und Anwälte, die sich als Dienstleister mit fachlich orientiertem Service-Bewusstsein verstehen, werden diese Hürden erkennen und beispielsweise durch mandantenfreundliche Kanzleiorganisation auf ihr Mindestmaß reduzieren.
Ob mit oder ohne Legal Tech: Rechtsberatung ist persönlich
Durch Legal Tech verändern sich auch die Arbeitsprozesse in der Rechtsberatung. Mit dem konventionellen Geschäft haben Legal Tech-Angebote dennoch eines gemeinsam: den Erhalt der persönlichen Beziehung zwischen Mandant und Anwalt. Denn Rechtsberatung war und bleibt ein persönliches Geschäft. Wer eine ausgereifte Plattformtechnologie nutzt, kann eine individuelle Mandanten-Anwalt-Beziehung aufrecht erhalten und versorgt den Anwalt selbst mit zahlreichen Möglichkeiten, seine Arbeit effizienter und gewinnbringender zu erledigen. Je nach Kanzlei und Rechtsgebiet bietet der Markt inzwischen eine ganze Reihe von Plattformen, die dabei helfen, die Mandantenbeziehung durch digitale Tools und Kommunikationswege zu stärken und bequemer zu gestalten.
Legal Tech lässt den Rechtsmarkt wachsen
Geht es um die Wahl des passenden Technologiepartners, lohnt sich ein Blick auf die rasante Dynamik des (globalen) Marktes selbst: Mittlerweile tummeln sich hier nicht mehr nur einige mittlere bis große Technologieanbieter, wie vor etwa vier Jahren, sondern zahlreiche kleinere Anbieter.
Die Größe des Legal Tech-Sektors ist tatsächlich noch schwer zu fassen: Eine Liste der Stanford University verzeichnet weltweit rund 1.250 Unternehmen aus dem Bereich Rechtstechnologie. Eine von Legal Geek erstellte Startup-Karte zeigt europaweit mehr als 250 Unternehmen. Klar ist jedoch, dass Legal Tech-Unternehmen in ihrer Gesamtheit einen enorm beschleunigten Wachstumsschub erfahren und zu anderen Spezialtechnologien wie Fintech aufholen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Branche noch entwickelt.
Neue Professionalisierung: Legal Tech verändert den Beruf Anwalt
Nicht zuletzt leistet Technologie einen erheblichen Beitrag zum Erhalt der Anwaltschaft. Wie in anderen Branchen verändert die Digitalisierung das herkömmliche Berufsbild und die Arbeitsweise. Junior-Anwältinnen und -Anwälte wollen technologiebasiert, agil und effizient arbeiten, ohne den direkten Draht zum Mandanten zu verlieren. Als dementsprechend attraktiver und technologiefreundlicher Arbeitgeber sollte sich ihnen die werbende Kanzlei präsentieren.
Die wichtigsten Empfehlungen im Überblick
- Service-Bewusstsein entwickeln: Als Rechtsanwältin bzw. Rechtsanwalt verkaufen Sie letztendlich eine Dienstleistung.
- Ob mit Software oder neuen digitalen Angeboten: Legal Tech bietet eine ganze Reihe von Möglichkeiten, Kanzlei-Workflows und Mandantenkommunikation zu optimieren.
- Der Legal Tech-Markt befindet sich noch in seiner Entwicklungsphase: Beobachten Sie den Markt und halten Sie Ausschau nach möglichen Chancen.
- Wer möchte schon in einer rückwärtsgewandten Kanzlei arbeiten? Profilieren Sie sich als modernen Arbeitgeber und bauen Sie digitale Projekte und Neuerungen in Ihr Personal-Marketing mit ein.
Maximilian Block ist Gründer & CEO von advocado. Seit 20 Jahren beschäftigt er sich mit der Digitalisierung des Rechtsmarktes. Bereits im Jahr 2000 gründete er seine erste Online-Community für Rechtsanwälte und Kanzleien. Der Jurist begleitet Entstehung und Wachstum der deutschen Legal Tech-Branche seit der ersten Stunde.