Datenbank

Warum eine Datenbank manchmal besser als eine Anwaltssoftware ist

Von Dr. Markus Weyer

Interview mit Dr. Markus J. Weyer von der WEYER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Die Berliner Anwaltskanzlei WEYER stemmt mit ihren fünf Mitarbeitern aktuell über 5.000 länderübergreifende Mandate in etwa 40 Projekten. Im Interview erklärt Geschäftsführer Dr. Markus J. Weyer, warum die auf Kapitalmarkt- und Privatversicherungsrecht spezialisierte Kanzlei dafür auf Datenbanken statt Anwaltssoftware setzt. 

Herr Dr. Weyer, warum ist in Ihrer Kanzlei ein datenbankgestützter Workflow sinnvoller als die Nutzung einer Anwaltssoftware?

In unseren Projekten entsteht eine große Zahl gleichlaufender und repetitiver Arbeitsabläufe. Würden diese von einem Anwalt durchgeführt, würde sich das für uns betriebswirtschaftlich nicht rentieren. Die Motivation und Effizienz im Team steigt, wenn der Workflow über eine Datenbank abgebildet und abgewickelt werden kann. Das Team kann sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren. Allgemein gesagt: Alle Arbeitsprozesse eines Workflows basieren bei uns letztlich auf Daten. Die Erfassung, Verwaltung und Verarbeitung der Daten verlangt ein leistungsfähiges Fundament in der Kanzlei. Was ist, wenn ein Mitarbeiter eine Aufgabe aus 2019 mit einem redundanten Datensatz aus 2016 bearbeitet, der möglicherweise auch noch fehlerhaft ist? Hier können Fälle verloren gehen und existenzbedrohende Haftungsrisiken entstehen.

Wann macht die Nutzung einer Anwaltssoftware für eine Kanzlei keinen Sinn?

Die Antwort hängt davon ab, welchen konkreten Bedarf eine Kanzlei hat. Das kann nicht verallgemeinert werden. Können Aspekte wie Buchhaltung, Adressmanagement und Inkasso im Arbeitsablauf ausgegliedert werden? Falls ja, ist zu fragen, ob die Ausrichtung an das oft enge Korsett einer Anwaltssoftware einen Mehrwert für die Kanzlei darstellt. Für uns fehlte hier die für unsere Arbeit notwendige Modularität. Zugleich sahen wir keinen Bedarf an der teilweise teuren Einbindung und Pflege von Gebührentabellen und Registern, die wir für unsere Arbeit oft nicht benötigen.

Welcher Art von Kanzlei würden Sie empfehlen, ein datenbankgestütztes System zu nutzen?

Allen Kanzleien, die in Projekten denken und arbeiten. Entsprechende Produkte sind beispielsweise bei Insolvenzverwaltern in Gebrauch. Für die klassische Mandatsbearbeitung, in denen keine zwingende Notwendigkeit für eine fallübergreifende Bearbeitung besteht, könnte die typische Anwaltssoftware jedoch möglicherweise die bessere Lösung sein. Jede Kanzlei muss sich dabei folgende grundlegende Frage stellen: Wie wollen wir mit Daten umgehen? Das ist eher eine Einstellungsfrage und muss durch unternehmerische Entscheidungen der Kanzlei beantwortet werden. Allerdings entwickelt sich der Markt hier sehr rasch. Es ist durchaus möglich, dass sich in zwei bis drei Jahren Anwendungen und Dienstleistungen etabliert haben, die einen allgemeinen Standard für Kanzleien bilden.

Wie läuft so ein datenbankgestützter Workflow konkret ab?

Ausgangspunkt ist immer das Teamgespräch. Das Projekt wird in Arbeitsschritte aufgespalten und strukturiert. Daraus ergibt sich ein Verlaufsdiagramm. Im nächsten Schritt können dann die im so strukturierten Arbeitsablauf festgestellten Aufgaben und Zuständigkeiten mit den Daten verknüpft und erschlossen werden: Textbausteine werden abgerufen und mit Daten ergänzt, der Bearbeitungsstand des Projektes wird für das Team transparent. Hat ein Projekt beispielsweise Gerichtsverfahren, so wird eine Routine für die Kostenfestsetzung nach Beendigung des Verfahrens ausgelöst. Der Ablauf der damit verbundenen Kommunikation mit Gericht, Mandant und Gegner kann hier unter Einbindung der Daten in hierfür erstellte Textbausteine weitgehend automatisiert werden.

Welche Rolle spielt Projektmanagement bei der Entwicklung der neuen Workflows innerhalb Ihrer Kanzlei?

Eine zentrale Rolle. Unsere Philosophie ist, dass sich jedes Projekt durch einen spezifischen Workflow auszeichnet. So sind in einem Projekt Daten aus bestimmten Unterlagen zu erfassen, während es in einem anderen wesentlich ist, dass ein Schreiben zu einem bestimmten Termin zugeht. Der so begründete Workflow muss vom Team nachvollzogen und getragen werden. Wer muss was wann tun? Diese Fragen müssen zentral koordiniert und entschieden werden.

Können Sie ungefähr in Zahlen ausdrücken wie hoch Ihr Effizienzgewinn mit einem datenbankgestützten Workflow ist?

Wir vertreten über 5.000 Mandanten aus mehr als fünf Ländern in ca. 40 Projekten. Hierbei machen wir u. a. Forderungen in Höhe von mehr als 15 Millionen Euro aus einem Anlagevolumen von etwa 200 Millionen Euro in derzeit drei verschiedenen Jurisdiktionen geltend. Die damit verbundene Korrespondenz erfolgt in drei Sprachen. Unser Team besteht aus insgesamt fünf Mitarbeitern. Dieses Portfolio wäre ohne eine datenbankgestützte Bearbeitung von Workflows gar nicht möglich.

Wie wurden Ihre Kanzleimitarbeiter in die Entwicklung der datenbankgestützten Prozesse eingebunden?

Von Anfang an! Die Auswahl und Einführung erfolgte unter aktiver Einbindung des gesamten Teams. Tatsächlich kommen die wertvollsten Hinweise gerade von den Mitarbeitern selbst. Sie sind meistens viel näher an dem eigentlichen Kern eines Workflow-Problems. Die frühe Einbindung erleichtert auch die Implementierung und notwendige Weiterentwicklung der Prozesse.

Welche Fragen spielten bei der Einführung und Wahl der Datenbank-Technologie, die Sie nutzen, die größte Rolle?

Die wichtigsten Fragen waren Datensicherheit, Datenqualität, Modularität und Langfristigkeit. Die Welt der Datenverarbeitung über „Excel“ war hier für die Ausrichtung unserer Kanzlei keine gangbare Option. Die Flexibilität einer Datenverarbeitung in Excel wird durch geringe Datensicherheit und Datenqualität erkauft. Dafür wurde es ja auch nicht programmiert. Da unsere Projekte oft über Jahre laufen, kam eine speziell für unsere Kanzlei programmierte Eigenlösung, die nicht mehr weiter entwickelt werden kann, ebenso nicht in Betracht. Daher musste der ausgewählte Anbieter in der Lage sein, uns als Ansprechpartner auch langfristig zu Verfügung stehen zu können. Daher haben wir uns für den Schweizer Anbieter Vertec GmbH entschieden.

Wie hoch waren die anfänglichen Investitionskosten? Ab wann amortisieren sich diese wieder?

Für die Implementierung hatten wir ca. 30.000 € veranschlagt. In Verbindung mit Kosten und Aufwand für die Anpassung haben wir weitere rund 20.000 € angesetzt. Die mit dieser Investition verbundene Amortisation zeichnete sich schon nach einem Jahr ab.

Könnten Sie aus Ihrer Sicht noch mal zusammenfassend die wesentlichen Vorteile einer datenbankgestützten Arbeitsweise aufzählen?

Wesentliche Punkte sind aus meiner Sicht die Datenqualität und die Datensicherheit. Sie vermeiden fehlerhafte oder überflüssige Daten. Die so erzielten Datensätze können für die notwendigen Arbeitsabläufe sicher verarbeitet werden.

Herr Dr. Weyer, vielen Dank für das Gespräch.

Foto: Adobe Stock/alphaspirit
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Dr. Markus J. Weyer ist Geschäftsführer der Weyer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Dabei handelt es sich um eine international agierende Anwaltskanzlei mit Tätigkeitsschwerpunkt auf dem Gebiet der Sanierung und Restrukturierung von Kapitalanlagen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich des Finanzdienstleistungsrechts. Die Kanzlei erarbeitet Wege zur langfristigen Restrukturierung – von der gesellschaftsrechtlichen Intervention, über die Durchsetzung von Sanierungskonzepten bis hin zur insolvenzrechtlichen oder prozessualen Abwicklung von Kapitalanlageprodukten.
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