Von Jasmin Kröner
Am 11. Februar erfreuten sich die Organisatoren des 8. Legal Tech Meetup NRW in Köln, Wolters Kluwer Deutschland und Legalvisio, steigender Teilnehmerzahlen. Waren beim ersten Legal Tech-Meetup vor etwa zwei Jahren noch 35 Teilnehmerinnen und Teilnehmer anwesend, signalisierten nun über 120 Anmeldungen steigendes Interesse an Legal Tech. Die Gastgeberkanzlei Osborne Clarke bot dabei nicht nur exklusiven Einblick in die eigene Beschäftigung mit Legal Tech – nahezu alle Vortragenden demonstrierten auch einen Live-Einblick in die Nutzung ihrer Tools.
Legal Tech kann Interdisziplinarität & Fehlerkultur in Kanzleien etablieren
Gereon Abendroth, Partner bei Osborne Clarke, führte in das 8. Legal Tech Meetup NRW am 11. Februar in Köln ein, indem er deutlich machte, dass hinter der Beschäftigung von Kanzleien mit Legal Tech mehr stehen sollte als Plattitüden wie „weil alle es machen“. Legal Tech kann, so Abendroth, vielmehr dazu beitragen, dass Anwältinnen und Anwälte nicht in einen Mikrokosmos abdriften. Denn durch die Zusammenarbeit mit Informatikern oder Übersetzern bieten Legal Tech-Projekte die Gelegenheit, die Stärken interdisziplinärer Teams kennenzulernen. Gegenwärtig trage die klassische Juristenausbildung aber eher dazu bei, Individualisten und Einzelkämpfer hervorzubringen.
Vor allem in Großkanzleien werde Juristinnen und Juristen eingeimpft, dass keine Fehler gemacht werden dürften und somit Prozesse doppelt und dreifach geprüft. Hier kann Legal Tech den Nebeneffekt erzeugen, eine Fehlerkultur in Kanzleien zu etablieren und spielerisches Ausprobieren in der eher konservativen Branche zu normalisieren. Um regelmäßig neuen Input zu bekommen, veranstaltet die Kanzlei jeden Montagmorgen ein sogenanntes „Innovation Breakfast“, zu dem Speaker aus der Branche eingeladen werden. Nicht zuletzt gründete die Kanzlei die Tochterfirma Osborne Clarke Solutions (OC Services GmbH), in der Legal Tech-Lösungen entwickelt werden. Martin Bregulla, der hier als Solutions Manager tätig ist, gab – für Großkanzleien eher ungewöhnlich – einen konkreten Einblick in die entwickelten Tools und demonstrierte live, wie diese genutzt werden und welchen Zweck sie erfüllen. Neben der Datenbank „Matter Manager“ – einem Fragenkatalog für Mandanten – und einem Mietvertragsgenerator gehörte ein Tool zur Datenschutzfolgeabschätzung, mit dem Risikoanalysen generiert werden können, zu den spannendsten Projekten von OC Services.
Automatisierte Anonymisierung großer Datensätze dank Naix Technoloy
Abwechslung brachte Physiker Ramin Karbalaie ins Programm, der gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Waldemar Pegdan das Tool Naix Technology entwickelte. Das Unternehmen besteht aus einem fünfköpfigen Team und ist im Bereich Natural Language Processing tätig. Konkret bietet das Tool die Möglichkeit, große Datensätze und Dokumente automatisiert zu anonymisieren, indem es sensible Daten innerhalb von kürzester Zeit schwärzen und damit DSGVO-konformer machen kann. Insbesondere bei M&A-Prozessen kann das Tool hier Ressourcen schonen.
In der Regel werden solche Aufgaben in Kanzleien noch händisch mit Programmen wie Adobe erledigt – und sind damit besonders bei großen Dokumenten mit mehreren tausend Seiten extrem zeitintensiv und teuer. Das Tool ist damit ein Paradebeispiel dafür, wie Legal Tech es (angehenden) Anwältinnen und Anwälten ermöglichen kann, sich auf die eigentliche juristische Arbeit zu konzentrieren, anstatt ihre Ressourcen mit stumpfer Dokumentenbearbeitung zu verschwenden. Bereits in einem halben Dutzend Großkanzleien, beziehungsweise Beratungshäusern, kommt das Tool derzeit zum Einsatz.
Auch hier wurde live demonstriert, wie das Programm sensible Daten in einem Dokument innerhalb von Sekunden schwärzen kann. Hochladen können Nutzer nicht nur PDF-, sondern auch beispielsweise Word-Dokumente oder Tiff-Dateien. Auch das Teilen und gleichzeitige Bearbeiten eines Dokuments durch mehrere User ist dann im Editor möglich. Das Produkt erkennt derzeit sowohl deutsche als auch englische Texte und läuft auf dem Server des Kunden und nicht beim Anbieter. Die Erkennungsgenauigkeit hängt von der Qualität der eingescannten Dokumente ab - ist diese gut, liegt sie bei 80-90 Prozent.
Legal Tech für GründerInnen und AllgemeinanwältInnen
Ebenfalls vorgestellt wurden auf dem Meetup die App Raketenstart, mit der Gründerin Madeleine Heuts das Ziel verfolgt, angehenden Unternehmerinnen und Unternehmern eine qualitativ hochwertige digitale Rechtsberatung zum Thema Gründen zu ermöglichen.
Abschließend wurden zwei Legal Tech-Tools von Wolters Kluwer vorgestellt. IT-Anwalt Christian Solmecke berichtete, wie mit Legal SmartDocuments massenhaft Klageerwiderungsschriften generiert werden können und Bernhard Münster, Business Manager Legal Digital bei Wolters Kluwer stellte das Tool Anwaltspraxis Premium vor. Dieses kann besonders Allgemeinanwältinnen und Anwälten helfen, mithilfe einer Rechtsprechung- und Gesetzesdatenbank sowie einem Formular-Assistent auch in Rechtsgebieten, auf die sie nicht spezialisiert sind, den nicht den Überblick zu verlieren und eine Vielzahl an Verträgen zu generieren.
Foto: FFI-Verlag
Jasmin Kröner ist beim FFI-Verlag in den Bereichen Produkt-
management und Redaktion tätig.