Quirmbach Partner

Das 7. Legal Tech Meetup NRW – Quirmbach & Partners persönlicher Weg zur agilen Kanzlei

Von Jasmin Kröner

Beim siebten Legal Tech Meetup NRW lud die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Ebner Stolz in ihre Räumlichkeiten in Köln ein. Den Auftakt machte Philipp Kühn von Ebner Stolz, der über die Legal-Tech Projekte der Gastgeber-Kanzlei berichtete. Die Veranstalter Wolters Kluwer Deutschland und die Kanzlei Wilde Beuger Solmecke stellten ein sehr abwechslungsreiches Programm zusammen, und nachdem es bei vorherigen Meetups bereits um die Nutzung von Legal Tech in der Großkanzlei ging, blieben nun auch kleinere Kanzleien nicht außen vor. Zu den spannendsten Vorträgen des Abends gehörte der ganz persönliche Agilitätsprozess der Kanzlei Quirmbach & Partner, die Geschädigte nach Unfällen oder Behandlungsfehlern vertreten. Die fünfköpfige Kanzleiführung, zu denen auch die Referenten, Kanzleimanager Sebastian Quirmbach und einer der Partner Sven Wilhelmy gehören, hat es sich zum Ziel gemacht, ihre Kanzlei agil – und somit flexibler und handlungsfähiger – zu machen.

Das Thema Agilität ist für den Bereich Legal Tech von nicht unerheblicher Bedeutung, da Agilität häufig im IT-Bereich beginnt, sich dann jedoch auch zum Katalysator für grundlegende Veränderungen in der Organisationskultur oder der Herangehensweise an den Kunden entwickeln kann.

Ein kleiner Rückblick in die Geschichte der Kanzlei offenbarte, dass der Auslöser für die Beschäftigung mit dem Thema Agilität bereits einige Jahre zurück liegt – einer der ehemaligen Partner der Kanzlei verbrachte einen einjährigen Auslandsaufenthalt in Kanada und entschloss sich kurzerhand, von dort aus zu arbeiten. Überhaupt spielt das Thema agiles, beziehungsweise mobiles Arbeiten bei Quirmbach & Partner womöglich eine größere Rolle als in anderen Kanzleien, da die Anwältinnen und Anwälte auch z.T. vom europäischen Ausland aus arbeiten oder mehrere Monate im Jahr unterwegs sind.

Die Philosophie hinter der Umstrukturierung nach klaren Prinzipien

Die Anwältinnen und Anwälte haben sich zum einen intensiv mit dem nötigen theoretischen Wissen rund um agiles Arbeiten, wie beispielweise dem VUCA-Konzept, auseinandergesetzt. VUCA setzt sich aus vier Begriffen zusammen: Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. Sie beschreiben treffend die Probleme, mit denen Führungskräfte – in diesem Fall Partner in Kanzleien – im Digitalisierungszeitalter konfrontiert werden.

Im Vortrag wurde schnell deutlich, dass vor dem eigentlichen Implementieren von neuen digitalen Lösungen zunächst eine gedankliche Umstrukturierung stattfinden muss – in den Köpfen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dafür veranstaltete die Kanzlei eine zweitägige interne Fortbildung, in der gemeinsame langfristige Ziele und die damit einhergehenden notwendigen Maßnahmen erarbeitet wurden.

Das erste Prinzip, welches festgehalten wurde lautet: „Menschen sind wichtiger als Rollen“. Denn, so erklärte Sebastian Quirmbach, sei es zunächst einmal sekundär, ob man es mit einem Mandant oder mit einem Anwalt zu tun habe. Viel wichtiger ist es den Anwälten also, dass die Bedürfnisse aller mit der Kanzlei verbundenen Personen erkannt werden, und auf Grundlage dieser Erkenntnisse an optimalen Lösungen gearbeitet wird. Mit dem zweiten Prinzip „Ergebnisse sind wichtiger als Abläufe“ suggerierten die Referenten, dass der Ablauf eines Prozesses lediglich das Mittel zum Zweck ist, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Im Gegensatz zu Kanzleien, die Veränderungen von Abläufen von vorneherein ablehnen, da sie den Aufwand für zu groß empfinden, liegt hier der Fokus auf dem längerfristigen Resultat und damit auch dem sogenannten „Return on Investment“.

Das dritte Prinzip der Kanzlei lautet: „Wo gemacht wird, wird gedacht“. Derjenigen Mitarbeiterin bzw. demjenigen Mitarbeiter, der die Änderung eines Prozesses anstrebt, wird mit diesem Grundsatz vermittelt, dass er oder sie mit einem gewissen Maß an Selbständigkeit und Freiheit eigene Projekte in Angriff nehmen kann, wenn in der Kanzlei ein Problem erkannt wird. Die Partner sind eher dazu da, günstige Rahmenbedingungen für Innovationen zu schaffen, statt Änderungen lediglich abzusegnen oder zu verwerfen. Mit dem vierten und letzten Prinzip verschreibt sich die Kanzlei dem lebenslangen Lernen.

Die agilen Methoden der Kanzlei

Im Gegensatz zu eher konservativ geführten Kanzleien arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Quirmbach & Partner in „crossfunktionalen“ und damit interdisziplinären Teams, die sich selbst organisieren. Um diese Prinzipien in Kanzleien durchzusetzen, brauchen natürlich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere diejenigen, die in der Unternehmenshierarchie weiter oben stehen, ein offenes Ohr für die Ideen aller. Auch wird in der Kanzlei die Methode des „Timeboxing“ praktiziert. Sie hilft dabei, ausschweifende Besprechungen, in denen wenig Relevantes besprochen wird, zu vermeiden und gibt einen Anreiz, nur wirklich Wichtiges komprimiert vorzubringen.

Konkret arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur mit Kanzlei-Tools wie Jurion und RA-Micro für Mandanten, sondern auch mit Videokonferenzsystemen und mit Projektmanagement-Tools wie Smartsheet.

Änderungsprozesse bergen Chancen

Durch die aufgeführten Änderungen konnte die Kanzlei in jüngster Vergangenheit nicht nur zwei neue Standorte in Köln und Wiesbaden eröffnen. Es entstanden auch Projekte, die mit der täglichen Arbeit in der Kanzlei weniger zu tun haben – beispielsweise das Organisieren eines Symposiums in Montabaur, dem MonsTabor Symposium. Auch wurde die Fachtagung „Personenschaden“ ins Leben gerufen, die dieses Jahr in Berlin stattfand. Ein weiterer Termin ist bereits geplant: Im Mai findet die Veranstaltung in Köln statt.

Rückblicke sind essenziell für die Zukunft

Zuletzt hoben die Anwälte die Bedeutung von Retrospektiven hervor. Nicht nur, um aus der Vergangenheit zu lernen, sondern, so betonte Wilhelmy, da sonst immer die Tendenz bestehe, in alte Muster zu verfallen. Besonders unter Anwältinnen und Anwälten, die lange Jahre mit denselben Methoden und Materialien gearbeitet haben, ist hier die Gefahr groß. Weniger träfe dies auf die Auszubildenden und Mitarbeiter des Sekretariats zu, die laut Quirmbach zu den agilsten Mitarbeitern der Kanzlei gehören. In dieser bescheidenen Haltung und der Einsicht, dass man offen für Veränderungen sein muss, liegt mit Sicherheit der Grund für den Erfolg der Umstrukturierung der Kanzlei.

Foto: FFI-Verlag
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Jasmin Kröner ist beim FFI-Verlag in den Bereichen Produkt-
management und Redaktion tätig.

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