Anwaltszukunftskongress 2018: Realitätscheck im Legal Tech-Universum

Von Nadia Neuendorf

Der Anwaltszukunftskongress 2018, der unter dem Motto „Mehr als Technologie. Der Anwalt im digitalen Zeitalter“ stattfand, startete in diesem Jahr mit neuem Konzept: Neben dem bekannten Format der Fachvorträge durch namhafte Legal Tech-Experten und der Ausstellung mit Angeboten für den modernen Anwalt, bot sich dieses Mal die Gelegenheit, einen von fünf Workshops zu besuchen. Bei den Hauptthemen Workflow, Kanzleimarketing, Design Thinking, Digitalisierung der Rechtsabteilung und Legal Tech-Tools, war neben Innovation vor allem Praxistauglichkeit entscheidend.

Effizienzsteigerung durch Analyse des Arbeitsablaufs

Im Workshop „Workflow Analyse 2.0“ mit Dr. Gernot Halbleib und Jan Klostermann wurde noch einmal klar, dass sich Anwälte stärker auch als Unternehmer wahrnehmen müssen. Es gilt, sich zu fragen: Wo kann ich Schnittstellen optimieren? Wie steht es um die Kosten und den Nutzen neuer Maßnahmen? Welche Vorgänge müssen immer wieder erledigt werden, und gibt es Möglichkeiten, diese zu standardisieren und zu automatisieren? Ein Punkt an dem angesetzt werden kann, ist die Kommunikation mit dem Mandanten. Hier ist es ohne großen Aufwand möglich, zum Beispiel die erste Kontaktaufnahme zu standardisieren oder gar zu automatisieren (z. B. mithilfe eines Chatbots).

Den Mandanten kennenlernen

Im Workshop „Kanzleimarketing“ mit Christian Solmecke, Gerrit Grunert und Oliver Grüttemeier wurde zur gleichen Zeit herausgearbeitet, dass der Anwalt, um erfolgreiches Marketing zu betreiben, seinen Mehrwert als Kanzlei herausstellen muss. Was unterscheidet mich von anderen Kanzleien? Als Rechtsanwalt muss ich mich fragen: Was will und was braucht der Mandant? Um ein passendes Produkt für meine Mandanten zu entwickeln, muss ich mich zuallererst mit diesen auseinandersetzen!

Legal Tech für Anfänger auf dem Anwaltszukunftskongress

Im Workshop von Markus Hartung und Tom Brägelmann mit dem vielsagenden Titel „Legal Tech for Beginners“ wurden vier Tools für die Kanzlei genauer unter die Lupe genommen. Diese waren:

  1. Lawlift, um die Erstellung immer wiederkehrender Dokumente zu automatisieren,
  2. BRYTER, zur Erstellung von Eingabemasken, z. B. zur Befragung von Mandanten oder zur Erstellung einer Honorarvereinbarung (Das Anwaltsblatt-Honorartool des DAV wurde z. B. mit BRYTER erstellt),
  3. rainmaker, eine cloudbasierte Kanzleisoftware und
  4. effacts, eine Plattform zum Austausch und zur Verwaltung von Dokumenten mit dem Mandanten.

Im ersten Vortrag am zweiten Veranstaltungstag beruhigte Alexander Siebert von Retresco zuerst einmal die anwesenden Rechtsanwälte. Derzeit laufe es nicht darauf hinaus, dass künstliche Intelligenz (KI) den Anwalt ersetzen werde. Zumal derzeit nur sog. „schwache“ KI im Einsatz ist – z. B. im Back Office – die „mehr künstlich als intelligent ist“. Die Entwicklung gehe vielmehr zu einem „Mixed Approach“ bei dem Mensch UND Maschine effektiv zusammenarbeiten.

Die Grafik zeigt, welche Tätigkeiten heute von einer Maschine erledigt werden können. Dabei handelt es sich vornehmlich um Standardtätigkeiten wie Recherche, Prüfung und Erstellung von Dokumenten und, was besonders den Notar betrifft, Dokumente unabänderlich in der Blockchain speichern.

Innovativer werden mit Design Thinking

Besonders beeindruckend war der Auftritt von Margaret Hagan von der Stanford Law School. Mit großer Begeisterung vermittelte sie DIE Methode aus dem Silicon Valley: Design Thinking. Um Ideen und Lösungen zu entwickeln, sei es nötig Abschied von klassischen Konferenzräumen zu nehmen, vielmehr gelte, „work outside the bubble“. Dabei dreht sich alles um drei Ziele:

Hagan betont, während des Prozesses zur Lösungs- bzw. Ideenfindung sei es zentral, mit den Mandanten in Kontakt zu treten, deren Blickwinkel einzunehmen und sich zu überlegen, für welches Problem kann ich die passende Lösung liefern?

Ausgezeichnete Frauen im Legal Tech-Bereich

Zum Abschluss des Anwaltszukunftskongresses 2018 wurde erstmals der Preis „Women of Legal Tech“ vergeben. Gleich 26 Frauen hatten die Ehre, eine Urkunde von Brigitte Zypries, Justizministerin a.D., entgegenzunehmen.

Fazit: Weniger Innovation, mehr Praxisbezug

Es scheint, dass langsam etwas Ruhe in die Legal Tech-Szene einkehrt. Die Workshops, wie auch die Vorträge des Anwaltszukunftskongresses 2018, waren weniger von Innovationen geprägt, vielmehr kamen Themen wie die DSGVO, das Berufsrecht und die Regulierung von künstlicher Intelligenz zur Sprache.
Die in den letzten Jahren so massenhaft entwickelten Tools und Ideen werden jetzt offenbar auf ihre Tauglichkeit im Kanzleialltag geprüft. So standen beim diesjährigen Anwaltszukunftskongress die Workshops im Mittelpunkt, die einen praxisbezogeneren Blickwinkel auf Legal Tech zugelassen und gefordert haben.

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Nadia Neuendorf arbeitet als Produktmanagerin und Redakteurin beim FFI-Verlag. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist das Thema Legal Tech. ffi-verlag.de

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