Legal-Tech-Firmen

Wie Legal Tech-Firmen das Kanzleimarketing verändern werden

Von Patrick Prior

Angesichts der sich möglicherweise anbahnenden Veränderungen des RDG und der BRAO (siehe z. B. Artikel „Gesetzentwurf zu Legal Tech, Erfolgshonorare bald auch für Anwälte?“) bezüglich Legal-Tech-Firmen für Verbraucher (nachfolgend Legal-Tech-Firmen genannt), soll im Folgenden ein Aspekt aufgezeigt werden, der bisher nur selten in der Diskussion aufkam: Wie werden Legal-Tech-Firmen das Online-Kanzleimarketing auf lange Sicht beeinflussen?

Marketing als Neuentdeckung von Kanzleien

Marketing ist von Rechtsanwälten/innen erst seit wenigen Jahren als essenzielles Mittel zur Mandantengewinnung erkannt worden. Dies ist auch nicht verwunderlich, da Kanzleien eine verstärkte Erlaubnis zur Eigenwerbung erst seit 1994 durch die Novellierung der BRAO ermöglicht wurde. Fast zeitgleich hat sich Marketing durch die Möglichkeiten von Google Ads vollkommen verändert, denn niemals zuvor konnten potenzielle Mandanten bei ihren rechtlichen Fragen direkt erreicht und mit einem Klick abgeholt werden. Ohne Zweifel hat Google Ads heute einen sehr großen Einfluss und hohen Verbreitungsgrad im Kanzleimarketing.

Einfluss der Legal-Tech-Firmen auf Werbung mit Google Ads

Welchen Einfluss haben aber Legal-Tech-Firmen wie geblitzt.de, wenigermiete.de, Casecheck und Chevalier auf diesen immer wichtiger werdenden Online-Marketing-Bereich?

Hier lohnt sich zunächst ein Blick auf die Google Ads-Preise für ausgewählte Keywords. Zum Beispiel kosten aktuell folgende Keywords aus dem Bereich Verkehrsrecht (Stand: 24.04.2019):

„Bußgeldbescheid Einspruch“ 8,56 €

„Anwalt Verkehrsrecht“ 8,81 €

„Bußgeld Einspruch“ 10,52 €

„Bußgeldbescheid prüfen“ 10,92 €

„Fahrverbot Anwalt“ 19,99 €

„Geblitzt Anwalt“ 42,80 €

…und aus dem Bereich Arbeitsrecht:

„Abfindung Anwalt“ 5,04 €

„Anwalt Kündigungsschutz“ 6,53 €

„Fachanwalt für Arbeitsrecht“ 7,11 €

„Kündigungsschutzklage Anwalt“ 7,23 €

„Arbeitsrecht Anwalt“ 11,42 €

Wie oben sichtbar wird, sind die Preise in diesen beiden beispielhaften Rechtsgebieten bereits sehr hoch. Wer zehn Euro und mehr für einen Klick auf seine Kanzlei-Webseite bezahlt, und damit nur einen Besucher gewonnen hat und noch keinen Lead (ein Lead ist der Fachbegriff für einen „generierten Kontakt“), muss bereit sein, mit geringen Margen auszukommen. Für eine kleine Kanzlei ist dies nur schwer rentabel, selbst bei einer Long-Tail-Optimierung (Long-Tail-Optimierung bezeichnet Keyword-Kombinationen, die weniger Treffer generieren, aber dafür auch weniger kosten).

Es ist anzunehmen, dass die Ads-Preise durch zunehmenden Wettbewerb weiter steigen werden, da Google Ads nach einem Auktions-System funktioniert. Mehr Wettbewerb erhöht natürlich die Preise in einem Bieter-System, bei dem der Höchstbietende die Anzeigenplätze zugesprochen bekommt. Legal-Tech-Firmen mit viel Investment-Kapital können es sich eher leisten, höher zu bieten und vor allem auf geringere Margen zu setzen, da sie automatisierte Arbeitsabläufe haben, von der Masse leben und so anders kalkulieren können.

Hinzu kommen Veränderungen bei Google: Google AdSense wurde bereits auf ein Höchstbieter-System umgestellt und auch Google Ads könnte bald ebenso davon betroffen sein. Dann wären noch weitere Steigerungen der Klick-Preise denkbar.

Legal Tech-Markt macht immer mehr Konkurrenz

Auch die Ausdehnung der bisher schon erfolgreichen Legal-Tech-Firmen auf weitere, breite Rechtsgebiete, ist zu beachten. Flightright erobert mit der Kanzlei Chevalier nun das Arbeitsrecht, LexFox bedient neben dem Mietrecht (wenigermiete.de) neuerdings ebenfalls das Arbeitsrecht (mehrabfindung.de), und auch die erfolgreiche Legal-Tech-Firma Casecheck bietet neben dem bewährten Service Hartz4Widerspruch nun weitere Dienste an. Andere erfolgreiche Legal-Tech-Unternehmen planen ähnliche Expansionen. Hinzu kommen von mehreren Seiten Bestrebungen, Legal-Tech-Fonds aufzusetzen, um noch größere Investments in Legal-Tech-Firmen zu realisieren.

Diese Ausweitungen bedeuten nochmals bessere Werbemöglichkeiten, zum Beispiel über Cross-Marketing. Hat eine Legal-Tech-Firma erst einmal tausende User, z. B. im Verkehrsrecht, gewonnen, kann sie allen Kunden kostenlos Newsletter zusenden, die z. B. auf ihr neues Arbeitsrecht-Produkt hinweisen.

Möglichkeiten für Kanzleien: Netzwerkaufbau

Fraglich ist, welche Änderungen bezüglich des Ungleichgewichts zwischen Legal-Tech-Firmen und -Kanzleien in Zukunft für Kanzleien nötig sein werden. Ob eine Öffnung der Kanzleien für Fremdkapital viel bewegen würde, sei einmal dahingestellt, denn wie viele Kanzleien könnten wirklich davon Gebrauch machen und Investoren finden? Die Erlaubnis für Erfolgshonorare, zumindest bei kleineren Streitwerten, erscheint sinnvoller. Sie sollte aber mindestens so hoch angesetzt sein, dass sie auch für das Arbeitsrecht gelten würde.

Eine Lösung könnte jetzt schon sein, sich mit anderen Kanzleien in einem Verbund oder Netzwerk zusammenzuschließen, um gemeinsam in Software und Marketing investieren zu können und alle anfallenden Mandate aufzuteilen. Auf eine reine politische Lösung zu warten, könnte unter Umständen für manche Kanzleien sehr teuer enden.

Mehr zum Thema: Was ist Google Adwords und wie funktioniert das?

Foto: Google and the Google logo are registered trademarks of Google LLC, used with permission
Patrick Prior
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Patrick Prior ist Jurist, Legal Tech-Experte und Inhaber der Legal Tech Software- und Beratungsfirma Advotisement®. Außerdem betreibt er das Legal Tech-Verzeichnis.

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