Future Law-Konferenz

Praxis, Praxis, Praxis – Future Law-Konferenz in Wien

Von Nadia Neuendorf

Am 7.11.2018 fand in Wien die zweite Future Law-Konferenz statt. Nachdem sich im letzten Jahr mit dem Thema künstliche Intelligenz auseinandergesetzt wurde, sollte es dieses Mal ganz konkret und praxisnah zugehen. Wir von legal-tech.de wollten wissen, was das genau bedeutet und wie sich die österreichische Legal Tech-Branche von der in Deutschland unterscheidet.

Das Event zur Digitalisierung der Rechtsbranche

Future Law, Österreichs führende unabhängige Plattform für Legal Tech, interessiert sich für Technologien, Legal Tech-Unternehmen und Startups und hilft Anwaltskanzleien bei der Umsetzung von neuen digitalen Arbeitsweisen. Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, die österreichische Legal Tech-Szene zusammenzutrommeln, um die Fortschritte und neuen Ideen der Digitalisierung an Kanzleien und Rechtsabteilungen weiterzugeben.

Neben einem vielfältigen Vortragsprogramm unter dem Motto „Legal Tech ist hier und jetzt“ bot sich die Möglichkeit, an neun Workshops, z. B. zu den Themen juristische Dokumentanalyse oder Vertragsmanagement teilzunehmen, oder im Direktgespräch mit Tool-Anbietern Tipps und Empfehlungen zu erhalten.

Veränderung von Kanzleikultur und -prozessen

Den ersten Vortrag lieferte Isabel Parker, Director of Legal Services Innovation bei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP. Sie widmete sich u. a. dem Thema wie Legal Tech die Kanzleikultur verändert. Denn zu beobachten ist, dass die Menschen – Mitarbeiter wie Mandanten – trotz Technik, eine immer wichtigere Rolle spielen und brachte dies mit der Aussage: „People are the key!“ auf den Punkt. Bisher hätten Kanzleien zu wenig auf die Stimme ihrer Mandaten gehört, doch das müsse sich ändern, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Ebenso müssen die Kanzleimitarbeiter aktiv in Veränderungsprozesse eingebunden werden; denn nur so kann eine Modernisierung gelingen, betonte Parker.

Legal Tech: So gelingt der Start in der eigenen Kanzlei

Im ersten Panel „How to Start – der Weg zur digitalen Strategie“ wurde die Angst vieler Anwälte ausgesprochen: „The fear of missing out“, also die Angst, eine wichtige Entwicklung zu verpassen. Doch das dürfe nicht zu überstützten Handlungen führen. Zentral für jede Veränderung sei die passende Strategie, gerade bei der Vielfalt an Anbietern, meint Tobias Heining, von CMS und Gründungs- und Vorstandsmitglied ELTA. Es sei wichtig, sich zuallererst klarzumachen, wie der Status quo ist, wie man arbeitet und wo man hinmöchte. Erst dann ist man in der Lage, das passende Tool oder eine geeignete Technik für die eigene Kanzlei auszuwählen.

Ganz konkret muss eine Kanzlei sich fragen:

  1. Wo wollen wir eingreifen? Wo kann ich effizienter werden?
  2. Wie steigere ich die Usability für meine Mandanten?
  3. Welche Anbieter gibt es auf dem Markt?
  4. Wo bekomme ich Hilfe für den Veränderungsprozess?

Alric Ofenheimer, Partner bei Eisenberger & Herzog weist aber darauf hin, dass gerade kleine Kanzleien nicht alles selbst machen können, da häufig das nötige Personal und Budget fehle. Andererseits habe sich bei den Anbietern bereits die Spreu vom Weizen getrennt, sodass die Wahl eines sinnvollen Tools leichter fallen sollte.

Trends der Digitalisierung

Beim zweiten Panel „Digitale Evolution in der Praxis – vom Projekt zum Tool“ gab Gudrun Stangl, Partner bei Schönherr, zu bedenken: „Anwälten fehlen Kompetenzen eines klassischen Dienstleisters“. Und da müsse angesetzt werden. Das heißt, der Blick auf die Bedürfnisse des Mandanten müsse geschult werden.

Weitere Trends, die die Digitalisierung mit sich bringt, sind laut Tobias Heining, Kollaborationsmöglichkeiten und Skalierbarkeit. Das bedeutet, dass durch die Standardisierung von Prozessen gleichzeitig mehrere gleichgeartete Fälle oder Arbeitsschritte bearbeitet werden können.

Was die Kommunikation mit dem Gericht betrifft, ist Österreich Vorreiter. Nachdem deutsche Anwälte noch mit dem beA warmwerden müssen, ist in Österreich bereits seit 1999 die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) für Rechtsanwälte verpflichtend. Seitdem werden strukturierte und weiterverarbeitbare Daten papierlos zum Gericht und zurück übermittelt. Seit 2007 wird das erneuerte System webERV genutzt. Zusätzlich läuft derzeit eine Pilotphase, bei der Richter komplett papierlos arbeiten.

Keine Technik um der Technik willen

Die Herausforderungen von Legal Tech sind in Österreich kaum andere als in Deutschland.
So widersprüchlich es auch klingen mag, rückt die Digitalisierung – egal wo – die Menschen verstärkt in den Fokus. Tools und Automatisierungsprozesse sind nur so gut wie ihre Anwender und es muss gut überlegt sein, welche Veränderung für Sie und Ihre Kanzlei Sinn macht. Fehler und Misserfolge gehören dabei zur Weiterentwicklung dazu. Und um es mit den Worten der Gastgeberin Sophie Martinetz, auszurücken: „Veränderungen, die keine Verbesserungen sind, sind eine Verschlechterung!“

Lesen Sie hier ein Interview mit Future Law-Gründerin und Veranstalterin der Future Law-Konferenz Sophie Martinetz.

Für weitere Tipps zur Umsetzung von Legal Tech in der eigenen Kanzlei, gibt es unsere neue eBroschüre \"Legal Tech für Einsteiger\" kostenlos zum Download.

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Nadia Neuendorf arbeitet als Produktmanagerin und Redakteurin beim FFI-Verlag. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist das Thema Legal Tech. ffi-verlag.de

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