Dokumentenerstellung

Dokumentenerstellung für Anfänger und Fortgeschrittene – zwei Anwendungsbeispiele

Von Ludwig Wolter

Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung wird im juristischen Sprachgebrauch kein anderer Begriff so häufig verwendet wie der des „Legal Tech“. Dabei fällt es Papierakten-Liebhabern teils ebenso schwer dieses Thema konkret zu beschreiben wie den selbsternannten Legal Tech-Gurus. Um das Thema greifbarer zu machen, tauchen wir in diesem Beitrag anhand einfacher und fortgeschrittener Anwendungsbeispiele in das Thema Dokumentenerstellung ein. Statt sich mit Begrifflichkeiten aufzuhalten, zeigen wir anhand tatsächlich umgesetzter Business Cases, was Legal Tech unter anderem sein kann.

Anwendungsbeispiel 1: Interne Automatisierung repetitiver und standardisierter Verträge/Dokumente

Als ersten Schritt bietet es sich für Kanzleien an, die internen, repetitiven Prozesse zu automatisieren. Dabei wird jede Anwältin bzw. jeder Anwalt bestätigen, dass die Dokumentenerstellung selbst bei individuellster Beratung Textbausteine enthält, die bereits zum Einsatz kamen. Der Digitalisierungsdruck steigt bei Kanzleien durch Mandant:innen wie Unternehmen, die selbst derartige Software im Einsatz haben. Die Bereitschaft, hohe dreistellige Stundensätze für Formatierungen oder das Gendern zu bezahlen, sinkt. Entsprechend steigt das Interesse bei Kanzleien, solche verhältnismäßig einfachen Dokumentenautomatisierungen umzusetzen.

Zahlreiche Kanzleien starten bei der Automatisierung von Dokumenten natürlich nicht mit der 50-seitigen Klageerwiderung, sondern mit kleineren Verträgen wie Mandatsvereinbarungen, NDAs, Arbeitsverträgen oder Mietverträgen. Dadurch kann sich eine Kanzlei der Automatisierung langsam annähern, um dann im Laufe der Zeit immer größere Bereiche zu automatisieren.

Doch wie kann man sich eine solche Dokumentenautomatisierung praktisch vorstellen?

Absolute Grundvoraussetzung für eine Dokumentenautomatisierung ist eine intuitive Software, die jeder verstehen kann. Da die juristische Denkweise bereits komplex sein kann, sollte die Software nicht auch noch schwierig zu bedienen sein. Bevor ein Dokument automatisiert werden kann, werden die ohnehin meist vorhandenen Vorlagen des Vertragstyps harmonisiert. Es wird also ein Word-Dokument geschaffen, das alle Alternativen für diesen Vertragstyp beinhaltet. Daneben werden Platzhalter für individuelle Eingaben markiert.

Dieses vorbereitete Dokument kann dann im besten Fall durch Kopieren und Einfügen in die Automatisierungssoftware eingepflegt werden. Nach einmaliger Bearbeitung kann das so erstellte intelligente Formular selbst verwendet oder mit dem Team oder Teilen des Teams wie dem Sekretariat oder Referendar:innen geteilt werden. Neben dem effizienten und juristisch sicheren Erstellen eines Dokuments – ein Kollege kann nur im vom Ersteller des Formulars vorgegebenen Rahmen Entscheidungen treffen – ist damit auch das strukturierte Wissensmanagement innerhalb der Kanzlei ein enormer Vorteil. Einem neuen Mitarbeiter kann eine Abteilung/Rolle zugeordnet werden und er sieht sofort alle für ihn wichtigen Dokumente.

Aufwandsabschätzung: Die Umstellung der Kanzleidokumente auf intelligente bzw. automatisierte Formulare ist deutlich einfacher als die Umstellung von der Papierakte auf die E-Akte. Insgesamt ist die größte Hürde der Einstieg. Benutzt man eine intuitive Software, steht aber auch diese Hürde in keinem Verhältnis zum Nutzen. Auch Juristen und Juristinnen ohne technischen Bezug können solche Formulare bauen.

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Anwendungsbeispiel 2: Eigene Mandantenplattform

Nach der Automatisierung von Dokumenten kann die eigene Mandantenplattform als nächster Digitalisierungsschritt eine neue Welt in der Arbeit mit der Mandantschaft eröffnen. Die Kommunikation wird direkter, die rechtliche Arbeit effizienter und wirtschaftlicher. Selbst passives Einkommen kann dadurch erstmalig in der Anwaltschaft nachhaltig und skalierbar funktionieren.

Eine Mandantenplattform bietet der Mandantschaft im besten Fall die Möglichkeit, Dokumente zu lagern, einfache Verträge selbst via Fragenkatalog zu erstellen, Dokumente gemeinsam zu verhandeln und zu signieren und nach wirksamer Signatur für das eigene Reporting zu verwalten.

Dabei können die im Anwendungsbeispiel 1 für interne Zwecke erstellten Formulare nach Bearbeitung auch extern zum Einsatz kommen. So können Sie beispielsweise ein (teil-)standardisiertes NDA-Formular mit einem Mandanten teilen und dieser zahlt Ihnen eine monatliche Pauschale für die (un)limitierte Nutzung dieses Formulars. Daneben kann Ihre Kanzlei nun für diesen Mandanten bei hochindividualisierten Sachverhalten hohe Stundensätze verlangen. Der Mandant oder die Mandantin weiß infolge des standardisierten NDA-Formulars, dass Sie nur in speziellen Fällen individuell beraten. Sie schaffen also Transparenz, nach der sich viele Unternehmen zunehmend bei der Rechtsberatung sehnen.

Selbst die Lizenzierung Ihrer eingekauften Software an Ihre Mandantschaft ist bei einem Feature-Spektrum, wie dem oben beschriebenen, möglich. Dadurch werden Sie in letzter Stufe selbst zum Legal Tech-Anbieter und kämpfen gegen alternative Rechtsberatungsunternehmen mit deren eigenen Waffen – mit dem Unterschied, dass Sie den Markt und Ihre Mandantschaft kennen.

Aufwandsabschätzung: Der Aufwand, eine eigene Plattform für die Mandantschaft aufzubauen, ist noch vor einigen Jahren für eine kleine oder mittelständische Kanzlei nicht umsetzbar gewesen. Selbst Großkanzleien tun sich mit derartig komplexen IT-Projekten trotz teils 30-köpfiger Teams schwer. Aber auch das haben Teile der Legal Tech-Szene erkannt und bieten daher Möglichkeiten, um ein solches Projekt umsetzen zu können. Natürlich ist die Komplexität eine andere als bei der Dokumentenautomatisierung. Aber insbesondere Kanzleien, die bereits das Anwendungsbeispiel 1 umsetzen konnten, haben die perfekten Voraussetzungen, um auch eine Mandantenplattform aufbauen zu können. Wichtig ist, dass Sie im Vorfeld klare Strukturen schaffen. Das betrifft wirtschaftliche, juristische und personelle Bereiche. Benennen Sie z. B. eine:n Verantwortliche:n, der oder die zu jederzeit den Prozess überwacht (Projektmanager oder Projektmanagerin). Lassen Sie sich bei IT-Fragen extern beraten. Wenn das Projekt größer wird, können Sie auch über die Einstellung technikaffiner „Legal Engineers“ nachdenken.

Zusammenfassung: Über die E-Akte hinausdenken

Wichtig ist die Erkenntnis, dass die Digitalisierung auch vor dem Rechtsmarkt nicht haltmacht und Unternehmen Kanzleien schon jetzt einen gewissen Digitalisierungsdruck spüren lassen, den sie jährlich erhöhen. Daneben muss eine Kanzlei, die als modern wahrgenommen werden will, mehr machen, als E-Akten zu verwenden. Die Mandantschaft will digitale Nähe zu ihrer Kanzlei und effizient mit ihrer Kanzlei arbeiten. Neben dieser Erkenntnis ist es besonders wichtig zu verstehen, dass die Anbieter es den Kanzleien immer einfach machen, um diesem Digitalisierungsdruck zu entkommen. Auch sind Unternehmen häufig bereit, Pilotprojekte ihrer Kanzlei mitzugestalten. Sie müssen also die Digitalisierung weder allein noch unwirtschaftlich umsetzen.

Foto: Adobe Stock/Olesia_g
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Ludwig Wolter ist Gründer mehrerer Tech-Unternehmen und hat als Jurist über die Jahre viel Erfahrung über die technischen Möglichkeiten der Prozessoptimierung rechtlicher und wirtschaftlicher Abläufe in Kanzleien und in KMUs gesammelt. Als Gründer und CPO von PACTA, einer Plattform für intuitives Legal Operations Management, analysiert, optimiert und automatisiert er tagtäglich Abläufe in Unternehmen und Anwaltskanzleien mit Hilfe von hochinnovativer Technik.

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