Von Alexander Busch
Viele Kolleginnen und Kollegen assoziieren mit dem Begriff Legal Tech Programme und technische Lösungen, die ihnen die Mandatsarbeit vereinfacht. Das ist nicht verkehrt. Das sollte aber nicht den Blick dafür verstellen, dass der Begriff Legal Tech auch Anwendungen erfasst, welche dem Anwalt bzw. der Anwältin den Arbeitsalltag auch in organisatorischer Hinsicht erleichtern. Das umfasst zum Beispiel die Verpflichtung zur Buchführung und der Erstellung eines Jahresabschlusses. Doch wen treffen dazu welche Pflichten?
1. Die Buchführungspflicht nach dem Handels- und Steuerrecht
Der § 238 HGB verpflichtet jeden Kaufmann, „Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen.“ Damit korrespondiert die weitere Verpflichtung des Kaufmanns nach § 240 HGB sein Inventar aufzulisten, also „zu Beginn seines Handelsgewerbes seine Grundstücke, seine Forderungen und Schulden, den Betrag seines baren Geldes sowie seine sonstigen Vermögensgegenstände genau zu verzeichnen und dabei den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden anzugeben.“
Schließlich ist der Kaufmann nach § 242 HGB dazu verpflichtet, „zu Beginn seines Handelsgewerbes und für den Schluß eines jeden Geschäftsjahrs einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluß (Eröffnungsbilanz, Bilanz) aufzustellen.“ Wobei er „für den Schluß eines jeden Geschäftsjahrs eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs (Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen“ hat, § 242 Abs. 2 HGB. „Die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung bilden den Jahresabschluß“, so § 242 Abs. 3 HGB. Unterliegt man dieser Verpflichtung, so ergibt sich aus § 140 AO die weitere Pflicht, diese Aufzeichnungen und Dokumente auch zu Zweck der Besteuerung anzufertigen.
Unternehmer bzw. Unternehmerinnen und Gewerbetreibende, die nicht bereits nach den handelsrechtlichen Vorschriften zur Buchführung verpflichtet sind, könnten trotzdem originär nach den Vorschriften der Abgabenordnung einer solchen Pflicht unterliegen. Der § 141 AO unterwirft Steuerpflichtige, namentlich „gewerbliche Unternehmen“ der Verpflichtung, für ihren Betrieb „Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen“, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt beispielsweise, wenn sie einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 60.000 Euro im Wirtschaftsjahr erzielen.
2. Buchführungspflicht für Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen
Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen sind keine Kaufleute – das gilt jedenfalls so lange und so weit sie ihre Tätigkeit entweder einzeln, als Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder aber in der Form einer Partnerschaftsgesellschaft ausüben. Demzufolge spielt die handelsrechtliche Buchführungspflicht (sog. doppelte Buchführung) für sie insofern keine Rolle.
Ist die Kanzlei allerdings in der Form einer Kapitalgesellschaft organisiert, also als GmbH oder AG, so ist zu beachten, dass diese als Handelsgesellschaften im Sinne des HGB gelten. Demzufolge haben diese Gesellschaften Bücher zu führen und Jahresabschlüsse zu erstellen, basierend auf der originär handelsrechtlichen und abgeleiteten steuerrechtlichen Buchführungspflicht.
Wenn sich eine Buchführungspflicht für den Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin nach den handelsrechtlichen Vorschriften nicht ergibt, so wird er oder sie auch nach § 141 AO nicht zur Führung von Büchern verpflichtet, denn die Vorschrift findet nur Anwendung auf Gewerbetreibende sowie Land- und Forstwirte. Freiberufler wie der Rechtsanwalt bzw. die Rechtsanwältin werden hiervon nicht erfasst.
Das Fehlen der formellen Buchführungspflicht macht gleichwohl das Führen geordneter Aufzeichnungen nicht überflüssig, so bestimmt zum Beispiel § 22 UstG: „Der Unternehmer ist verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen.“ Dies gilt auch dann, wenn keine sonstigen Buchführungspflichten bestehen. In jedem Fall also zwingen die Vorschriften des Umsatzsteuerrechts auch Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen zur Führung geordneter Aufzeichnungen über die Geschäftsvorfälle.
3. Legal Tech kann helfen
Natürlich können Anwälte bzw. Anwältinnen sowohl ihre Buchhaltung und die steuerlichen Pflichten von einer Steuerberatung erledigen lassen. Moderne Kanzleisoftware allerdings kann einen großen Teil der Pflichten übernehmen. Beinahe alle üblichen Programme beherrschen den Mindeststandard und erlauben, entweder integriert oder über den Erwerb von Zusatzmodulen, das Erstellen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung.
Aber auch die handelsrechtliche Buchführung bis hin zur Erstellung von Jahresabschlüssen wird von immer mehr Anbietern in die Kanzleiorganisationssoftware integriert. Dabei verbuchen die Programme die gestellten Rechnungen quasi automatisch im Rahmen angelegter Kundenkonten und Zahlungen von Mandanten lassen sich leicht zuordnen. Da zunehmend auch Elster-Schnittstellen für notwendige Steuererklärungen und Voranmeldungen angeboten werden und teilweise sogar die Lohnbuchhaltung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Kanzleisoftware erledigt werden kann, wird Legal Tech zunehmend zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für die sonst beauftragte Steuerberatung.
Hier eine Auswahl an Softwareanbietern, die bilanzierende (doppelte) Buchhaltung anbieten:
- Advolux
- AnNoText
- DATEV
- LawFirm
- Legalvisio (durch Anbindung an Schwesterunternehmen Scopevisio)
- NoRa
- RA-MICRO
- ReNoStar
- timeSensor
Foto: Adobe.Stock/©Pormezz
Alexander Busch ist seit 2010 Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Compliance Officer und derzeit als Director bei der Baker Tilly Rechtsanwaltsgesellschaft mbH am Standort Stuttgart tätig. Im Rahmen seiner forensischen Tätigkeit befasst er sich mit Fragestellungen des Steuerrechts, des Handels- und Gesellschafts-
rechts sowie dem Versicherungsrecht. Er betreut insbesondere FinTechs und InsurTechs.
Außerdem ist er Lehrbeauftragter für Bürgerliches Recht und Handels- und Gesellschaftsrecht.