dokumentenerstellung einzelkanzlei

So funktioniert automatisierte Dokumentenerstellung in der Einzelkanzlei

Eine Praxisanleitung von Rechtsanwalt Jürgen Sauerborn

Von Jürgen Sauerborn

Viele Einzelanwältinnen und Einzelanwälte sind froh, wenn sie sich möglichst viel Zeit für die Betreuung ihrer Mandantschaft nehmen können – und nicht jedes Mal wieder bei Null anfangen müssen, wenn es etwa um Arbeiten wie das Verfassen von immer wiederkehrenden Anwaltsschreiben mit ähnlichen Fragestellungen geht. Als technikaffinem Einzelanwalt ist es Jürgen Sauerborn gelungen, durch möglichst viele automatisierte Prozesse Zeit für die eigentliche anwaltliche Tätigkeit freizusetzen. Im Interview verrät er, welche Tools ihm bei der Workflow-Automatisierung helfen und wie er die automatisierte Dokumentenerstellung konkret in seiner Einzelkanzlei einsetzt.  

Herr Sauerborn, wie sind Sie dazu gekommen, sich als Einzelanwalt mit dem Thema automatisierte Dokumentenerstellung zu beschäftigen?

Als Einzelanwalt habe ich schnell erkannt, dass die manuelle Erstellung von Dokumenten sehr zeitaufwändig und fehleranfällig sein kann. Daher habe ich mich intensiv mit dem Thema automatisierte Dokumentenerstellung beschäftigt. Außerdem muss das Rad ja auch nicht bei jedem anwaltlichen Schreiben neu erfunden werden.

Das Ganze fing vor vielen Jahren bereits mit standardisierten Übersendungsschreiben an, also den klassischen Textbausteinen. Das lässt sich natürlich nach Belieben verfeinern. Mit Hilfe der Textbausteinverwaltung PhraseExpress von BartelsMedia habe ich in den letzten Jahren sehr viele interaktive Textbausteine erstellt, die mich nach unterschiedlichen Konstellationen fragen und dann das jeweils passende Textstück auswerfen. Eines der schönsten Beispiele ist etwa das automatische Erstellen einer E-Mail an meinen Steuerberater, die automatisch den Buchhaltungszeitraum im Text angibt, die (verschlüsselte) Buchhaltungs-Datei anhängt und die Mail versendet. Gestartet wird dieser Baustein durch Drücken einer Taste auf dem Stream Deck von Elgato, einem Bedienfeld für schnelle Tastenkombinationen. Ich muss mir also nicht einmal mehr einen Tastenkürzel merken. Das Ganze deckt im Wesentlichen solche Schreiben ab, bei denen anwaltlicher Grips nicht unbedingt erforderlich ist.

Eine Stufe anspruchsvoller ist dann das Tool Consultimator, denn mit dessen Hilfe lassen sich – entsprechende Erstellung einer Vorlage vorausgesetzt – interaktiv juristische Schriftsätze (verschlüsselt) im Browser erstellen.

Wie groß war der Initialaufwand, als Sie das von Ihnen genutzte Dokumentenerstellungs-Tool Consultimator implementiert haben, z. B. durch die Erstellung der Musterdokumente und Einarbeitung Ihres Teams?

Gering, denn ich habe mir das erste Template durch Consultimedia nach meinen Vorgaben erstellen lassen. Mittlerweile mache ich das selbst.

Der Aufwand hängt natürlich davon ab, was das Ergebnis sein soll. Einfache Formulare sind schnell gestaltet.

Es gibt ein gutes Einführungsvideo des Herstellers sowie ein ausgezeichnetes Handbuch. Für die Erstellung einer Vorlage, wie ich sie verwende, sollte man aber jedenfalls
ein Mindestmaß an technischem Verständnis mitbringen und logisch denken können, also eine Abfolge Wenn-Dann mit Inhalt füllen können. Letztlich war der Initialaufwand für die Implementierung von Consultimator zwar spürbar, aber dieser hat sich schnell amortisiert.

Können Sie uns anhand eines konkreten Beispiels verdeutlichen, wie das von Ihnen eingesetzte Tool die Bearbeitung eines Mandats erleichtert?

Ein gutes Beispiel für die erleichterte Bearbeitung eines Mandats durch die Nutzung von Consultimator ist das Erstellen von Verträgen. Mit dem Programm kann innerhalb weniger Minuten ein individueller Vertrag erstellt werden, indem einfach die relevanten Daten des Mandanten in das Programm eingegeben werden. Auf der Homepage des Herstellers finden sich gute Beispiele. Ich nutze das Programm sehr gerne für Kündigungsschutzklagen, vor allem aber für Widerspruchs- und Klagebegründungen in sozialrechtlichen Angelegenheiten wegen Anerkennung einer Schwerbehinderung. Diese Schriftsätze haben ja meist einen „Rahmen“, während die Begründung des Widerspruchs oder der Klage unter Verwendung

  • einer individuellen Beschreibung der Funktionsbeeinträchtigungen des behinderten Menschen,
  • der Diagnosen (mit Quellenangaben in den Anlagen),
  • einer Verweisung auf die versorgungsmedizinischen Grundsätze (die ich dann textlich wiedergeben kann) sowie
  • eines individuell formulierten Ergebnisses erstellt wird.

So sieht ein Teil der Eingabemaske meiner Vorlage zum Schwerbehindertenrecht aus:

automatisierte Dokumentenerstellung
Abb.: Eingabemaske für die automatisierte Dokumentenerstellung

Sodann wählt man aus, in welchen Funktionsbereichen des Körpers die Probleme
bestehen, z. B. Wirbelsäulenschaden, Depression etc. Für jeden dieser Funktionsbereiche erstellt das Tool einen neuen Abschnitt mit Texteingabefeldern zur Beschwerdeschilderung des Mandanten, zu den passenden Diagnosen aus der Akte, zum passenden Verordnungstext und zum Zwischenergebnis. Sie merken: Das ist der Teil, bei dem der Anwalt oder die Anwältin dann doch noch selbst denken muss. Praktisch sieht das so aus: linker Bildschirm Consultimator, rechter Bildschirm E-Akte. Findet man in der E-Akte z. B. etwas Passendes in einem ärztlichen Befundbericht des Orthopäden, wird es in Consultimator eingetragen, dann etwas vom Psychiater,
dann wieder vom Orthopäden usf.

Das Dokument wächst also, während man die E-Akte durcharbeitet und Wesentliches exzerpiert und medizinisch bzw. juristisch bewertet. Das fertige Dokument wird in einer Live-Vorschau angezeigt, am Ende der Bearbeitung in die Zwischenablage kopiert und im Anwaltsprogramm in Word eingefügt. Der jeweilige Bearbeitungsstand wird als Datei gesichert und kann später erneut aufgerufen werden.

Eignen sich die Rechtsgebiete, in denen Sie beraten, besonders für die Arbeit mit Dokumentenerstellung – oder denken Sie, dass dies grundsätzlich für alle Kanzleien von Nutzen sein kann?

Ich denke, dass automatisierte Dokumentenerstellung für alle Kanzleien von Nutzen sein kann, unabhängig vom Rechtsgebiet. Insbesondere in Bereichen wie Vertragsrecht, Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht und Steuerrecht kann jedoch der Einsatz solcher Programme besonders effektiv sein, da in diesen Rechtsgebieten sehr oft standardisierte Dokumente erstellt werden müssen.

Gibt es noch weitere Tools, die Sie in Ihrer Kanzlei einsetzen und mit denen Sie gute Erfahrungen gemacht haben?

Ja, ich setze auch andere Tools ein. Neben unserer Anwaltssoftware LawFirm® und dem exzellenten beA-Archivierungssystem beA.expert SUITE vor allem PhraseExpress als Textbaustein- und Makroprogramm. Digital diktiert wird mit (der brandneuen und erheblich verbesserten) Dragon Legal 16 mit sozialrechtlichem bzw. medizinischen Fachvokabular, auch unter Verwendung von Sprachmakros. Das Kontaktformular von Consultimator für Websites ermöglicht es Interessenten, verschlüsselt Kontakt mit mir aufzunehmen. eTermin.net übernimmt die Terminierung und die automatisierte Übersendung der Mandatsunterlagen, Provenexpert die Zufriedenheitsbefragung. Außerdem experimentiere ich zur Zeit mit ChatGPT, das zwar die Anwaltschaft nicht ersetzen wird, in dem aber Potenzial für die anwaltliche Alltagsarbeit steckt.

Herr Sauerborn, vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Antworten.

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„Legal Tech für kleine Kanzleien“

Bild: Adobe Stock/©Good Studio
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Rechtsanwalt Jürgen Sauerborn aus Wesseling bei Köln ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Medizinrecht und bundesweit in Fällen wegen Anerkennung einer Schwerbehinderung tätig. Er hat eine Vorliebe für Computer, Programme, Internet und andere elektronische „Spielzeuge“, die mehr und mehr auch zu seinem beruflichen „Handwerkszeug“ geworden sind.

Kanzlei für Arbeit, Gesundheit & Soziales

Schwerbehinderung-GdB

 

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